Zelte weg, Backsteinhäuschen abgerissen

Die Armut kommt in die Städte, aber wir wollen sie nicht sehen

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Heute nachmittag fand ich den Weg zum Hauptbahnhof hinter der Lehrter Straße 6 von Backsteinen und Holzbalken versperrt. Was ist passiert?

Heute ist das alte knapp hinter der Mauer zu den Kleingärten stehende Backsteinhäuschen abgerissen worden. Seit vielen Jahren haben hier immer wieder Obdachlose eine zeitweilige Bleibe gefunden. Im Niemandsland. Seit einiger Zeit campierten Familien dort und erweiterten die Behausung mit einigen Zelten. Sie sollen von einem anderen Bahngelände vertrieben worden sein. Das Essen wurde auf einem Grill zubereitet. Abends loderte ein kleines Feuer. Die Müllhalde allerdings ist auch größer geworden.

Ich liebe diesen Weg und gehe hier gerne. Ein bisschen Wildnis in der Großstadt. Nie habe ich mich unwohl dabei gefühlt. Auch die letzten Bewohner grüßten freundlich zurück, noch vorgestern abend. Vielleicht war es nicht immer so friedlich. Die Einbrüche in die Lauben der Kleingärtner auf der anderen Seite der Mauer haben zugenommen in den letzten Jahren. Aber das werden wohl kaum diejenigen machen, die direkt nebenan wohnen.

Auch beim Mittelbereich Lehrter Straße wurden die Lauben, sofort nachdem die Kleingärtner sie verlassen mussten, abgerissen und ein Jahr später die Sanddornbüsche und Pappeln gerodet, nachdem sich auch hier Menschen in kleinen selbstgebauten Hütten und Zelten, versteckt vor der Öffentlichkeit, angesiedelt hatten. Dennoch: es wird sich nicht vermeiden lassen, dass ungenutztes Gelände, ungenutzte Gebäude bewohnt werden von denen, die keine Wohnung haben. Wir werden uns daran gewöhnen müssen, auch wenn es nicht jedem gefällt.

Nachtrag:
Im Herbst 2016 wurde der Weg mit Hilfe von bisher offen stehenden Toren - eine Zaunanlage wurde schon vor längerer Zeit errichtet - komplett abgesperrt. Der Grund sei nach Auskunft eines Polizisten, dass dort die Grün Berlin GmbH 2018 (!) den Döberitzer Grünzug bauen will. Nach Protesten des Betroffenenrats Lehrter Straße ist der Weg jetzt wieder offen. Und über die Planung zum Döberitzer Grünzug wurde am 6. Dezember 2016 informiert. Hier ist das Protokoll dieser Betroffenenratssitzung herunterzuladen.

Eine Umfrage zur Gestaltung.

Trotz der am 6.12.2016 gemachten Versicherung von Herrn Thönnessen (Grün Berlin GmbH), dass bei der Räumung des Roma-Lagers auf dem der Deutschen Bahn gehörenden Grundstück des zukünftigen Döberitzer Grünzugs soziale Belange berücksichtigt werden, wurde das Lager durch die Deutsche Bahn geräumt, ohne, dass sie die Grün Berlin GmbH vorher überhaupt darüber informiert hat. Ob es Hilfsangebote gab, ist nicht bekannt.

Und der Weg ist gesperrt mit der Begründung, dass bald die Bodensanierung auf dem Gelände des ehemaligen Gaswerks beginnt. Update: Die Rodungen für die Bodensanierung sind auf den Herbst 2017 verschoben, dennoch bleibt angeblich auf Wunsch der Deutschen Bahn und der Polizei der Durchgang geschlossen.

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