Straßenbahn nach Moabit

Die Verlängerung von Straßenbahnlinien von Mitte über die Invalidenstraße nach Moabit war das Hauptthema des Stadtteilplenums im Mai. Martin Schlegel, Verkehrsreferent des Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) stellte in einem Vortrag eine Studie seines Kollegen und Verkehrsplaners Tilo Schütz zur städtebaulichen Einbindung einer Straßenbahn in die Turmstraße vor. Tilo Schütz ist zusammen mit Holger Orb Autor des Buches Straßenbahn für ganz Berlin, das im Jahr 2000 im Jaron Verlag erschienen und gemeinsam von Bürgerinitiative Westtangente, BUND, Berliner Fahrgastverband IGEB, Moabiter Ratschlag und Verkehrsclub Deutschland herausgegeben worden war. Anlass für die Präsentation, die schon im Oktober 2008 bei einem parlamentarischen Abend Berliner Abgeordneten vorgestellt worden war, ist der Beginn von Planungen für die Turmstraße im Rahmen des Programms „Aktives Stadtzentrum Turmstraße".

Derzeit immer noch im Planungsverfahren ist die Verlängerung von Straßenbahnlinien ab Chausseestraße bis zum Lehrter Bahnhof, wo eine Wendeschleife über Invalidenstraße - Alt-Moabit - Emma-Herwegh-Straße - Clara-Jaschke-Straße vorgesehen ist. In der Studie schlägt der BUND die Verlängerung durch Moabit hindurch bis zum Mierendorffplatz in Charlottenburg vor. Von der Invalidenstraße (Hbf.) aus führt die Strecke nach Alt-Moabit um dann alternativ über die Rathenower Straße oder Wilsnacker Straße oder Stromstraße in die Turmstraße zu führen. Der BUND favorisiert derzeit die letztere Variante, eine Variantenentscheidung müsse aber von einer konkreten Kosten/Nutzen Rechnung anhand der Fahrgastprognosen erfolgen. Im weiteren Verlauf führt die Strecke weiter über Huttenstraße, Kaiserin-Augusta-Allee bis zum Mierendorffplatz, wo problemlos eine Wendeschleife machbar ist. Alternativ kann die Strecke auch weiter bis zum Bhf. Jungfernheide mit einer dortigen Wendeschleife geführt werden. Als optionale Ergänzung dieser Verbindung ist eine Linienführung von der Turmstraße über die Beusselstraße zur Seestraße vorzusehen, wo derzeit am Eckernförderplatz die von der Bornholmer Brücke aus kommenden Straßenbahnen enden.
Für die Turmstraße zeigt die BUND-Studie verschiedene Varianten zur städtebaulichen Einbindung in die Straße aber auch mit Bezug zum „Kleinen Tiergarten" und Ottopark vor. Die Variante A des BUND sieht für die Straßenbahn ein Rasengleis auf der Südseite der Turmstraße vor. Die auch dann noch verbleibenden notwendigen Buslinien würden bei diesem Vorschlag nicht mehr durch die Turmstraße, sondern über Alt-Moabit fahren. Für den Autoverkehr würde die Turmstraße zur Einbahnstraße. Die Variante B sieht eine multifunktionale Nutzung vor, bei der sich Straßenbahn und motorisierter Individualverkehr die Fahrbahn teilen. Der Durchgangsverkehr soll aus der Turmstraße herausgenommen werden, die Straßenbahn durch Signalisierungstechnik Priorität erhalten. Die Variante C „Umweltstraße" orientiert sich an der historischen Aufteilung der Verkehrsflächen, bei der die Gehwege auf beiden Seiten rd. 11 Meter und die Fahrbahn einschließlich der Gleise ebenfalls 11 Meter breit waren.

Die Fahrbahn ist in dieser Variante frei für Straßenbahn, Radverkehr sowie Einsatzfahrzeuge, Lieferverkehr und Taxen. Die Variante 4 ist die „Standardlösung" bei der die Straßenbahn in Mittellage geführt wird und je 1 Fahrbahn pro Richtung für den motorisierten Individualverkehr sowie Radstreifen und Parken vorgesehen sind.
Der Abwägungsprozess der Varianten muss sich neben den verkehrs- und betriebstechnischen Fragen daran orientieren, dass sie die Qualität und Zukunft einer Geschäftsstraße betrachtet und dabei den Bezug zu den angrenzenden Grünanlagen berücksichtigt. Damit ergibt sich auch die Chance, dass der „Kleine Tiergarten" wieder zu einem Zentrum Moabits werden kann. Die Aufenthaltsqualität, Fuß-, Rad-, und öffentlicher Verkehr müssten dabei Vorrang erhalten, die beste Lösung sollte in einer öffentlichen Debatte gefunden werden.
Innerhalb des Stadtteilplenums konnten die Fragen nur andiskutiert werden. Auf Wunsch aus dem Publikum wurde ein Meinungsbild erhoben, ob sich das Stadtteilplenum Moabit West generell für eine Straßenbahn in der Turmstraße ausspricht. Bei nur zwei Gegenstimmen sprach sich eine überwältigende Mehrheit der Teilnehmer für die Verlängerung der Straßenbahn nach Moabit durch die Turmstraße aus.
Interessenten können sich die Folien der Studie (PDF, 4,2MB) gerne herunterladen.
Artikel "Straßenbahn für ganz Berlin" aus der SIGNAL, Teil 1 (Nov. 2008) und Teil 2 (März 2009).
Nachtrag:
Ein Antrag der SPD in der BVV Mitte für die Straßenbahn in der Turmstraße mit einer konkreten Zeitvorstellung: 2016!
Laut Berliner Woche vom 17.12.12 wird das aber nichts, die Tram könnte frühestens 2020 durch die Turmstraße fahren.
Der Senat plant und das stoppt die Parkplanung für den Kleinen Tiergarten (Berliner Zeitung und Berliner Woche). Dazu die Stellungnahme der AG Verkehr des Moabiter Ratschlags (im Kommentar Nr. 60), die sich ausführlich mit den Trassenalternativen auseinandergesetzt hat.
Antwort auf eine Anfrage in der BVV zu den vom Senat untersuchten Varianten (Drs. 0915/IV).
Anscheinend steht jetzt der Zeitplan, wenn auch noch nicht die Trasse. Die Planung soll Ende 2013 oder Anfang 2014 abgeschlossen sein, danach Planfeststellungsverfahren, Baubeginn voraussichtlich 2016 (BZ-Artikel).
Positionspapier Straßenbahn für Moabit der AG Verkehr im Moabiter Ratschlag e.V.
Die Position der Arbeitsgruppe Verkehr wurde im Juli 2013 in der Zeitschrift "Signal", Ausgabe 3/2013 veröffentlicht und steht als PDF zum Download bereit.
Drei Berichte über die Vorstellung der Straßenbahnplanung durch die Senatsverwaltung beim Stadtteilplenum Moabit West im Januar 2014 (und Berliner Abendblatt). Während viele der Anwesenden die detaillierten Informationen über das zugegeben umständliche Verfahren der Senatsverwaltung begrüßten, beschreibt Rainer Balcerowiak im MieterEcho das als "Dauerwitz" und die FDP ist sowieso dagegen und für die U5.
Alle weiteren Kommentare bitte beim neuen Artikel "Straßenbahnverlängerung bis U-Bahnhof Turmstraße" zur Infoveranstaltung am 5.3.2015 zur Planung und Diskussion mit BürgerInnen und Experten.