Skandal: keine Sozialwohnungen in der Europacity
Was sind kooperative Baulandentwicklung und städtebauliche Verträge eigentlich wert?

Noch vor etwas mehr als einem Jahr erklärte der rbb explainer die Europacity und ging dabei neben den Themen wie Kiez, Freiräume und Mietpreise auch auf die nur 250 Sozialwohnungen ein. Auch beim Kiezspaziergang und Stadtteilplenum "Europacity - Wer bis du?" Ende April 2024 war noch von 257 geförderten Sozialwohnungen die Rede. Dort wurde festgestellt, dass sie noch nicht fertig seien, jedenfalls konnte auch Mittes Stadtentwicklungsstadtrat Ephraim Gothe nichts dazu sagen, warum die 215 Wohnungen im QH Spring Gebäude, das unten bereits einen Fröbel Kindergarten beherbergt, noch nicht bezogen sind. Im Januar 2019 wurde die Baugenehmigung erteilt - es hieß: 258 Wohnungen, davon 215 gefördert. Die Grundsteinlegung im November 2019 spricht von einer Fertigstellung Ende 2021. Auch bei der Richtkranzfeier im November ist noch von mietpreisgebundenen Wohnungen die Rede. Im September 2022 wurden die Blöcke QH Spring und QH Core an Vivion Investments S.à r.l. für 456 Mio. Euro verkauft (UPDATE: Der Verkauf von QH Spring wurde wohl rückabgewickelt, siehe Tagesspiegel-Recherche, Kommentar Nr. 30).
Die mehr als 1.000 Menschen, die sich für diese Wohnungen online registriert hatten, warten auch heute noch auf eine Nachricht. Schon mehrere Nachfragen, warum die Wohnungen denn nicht vermietet werden, verliefen im Sande, denn fertig ist das Gebäude ja - wie zu sehen ist.

Das konnte beim sogenannten Nachbarschaftsfest am 31. Mai 2024 aufgeklärt werden - jedenfalls mündlich. Ausgerichtet hat das Fest auf einem kleinen Platz zwischen zwei Wohnblöcken die Montibus Asset Management GmbH. An einem Infostand für die Vermarktung der Wohnungen mit exorbitanten Mieten von ca. 28 Euro kalt (QH Mietwohnungen / allod) wurde erklärt, dass es keine Sozialwohnungen im QH Spring geben wird. Auf den Einwand, dass es schließlich doch den städtebaulichen Vertrag gäbe, hieß es: der Rechtsanwalt des Eigentümers - ob des alten oder des neuen blieb unklar - habe der Senatsverwaltung erklärt, dass der städtebauliche Vertrag sich auf die Errichtung von Sozialwohnungen beziehe und errichtet sind sie. Aber es wären von Anfang an keine Förderungen in Anspruch genommen worden, deshalb müsse auch nicht als Sozialwohnungen vermietet werden. Das ganze Gebäude sei an eine - leider ungenannte - Firma vermietet worden. Auch diejenigen Mietinteressierten, die sich in der letzten Zeit gemeldet hätten, seien darüber informiert worden, dass es keine Sozialwohnungen dort gäbe. Auf Nachfrage, ob den alle Menschen, die sich über die Online-Liste beworben hätten, informiert wurden, hieß es: Nein, nur, die die nachgefragt haben.
Wie konnte das passieren? Gibt es in der Senatsverwaltung keine fähigen Juristen, die städtebauliche Verträge rechtssicher aufsetzen können? Ist es Absicht Schlupflöcher für findige Investoren zu lassen? oder oder ... Und warum wusste der Stadtrat vor einem Monat davon noch nichts? Oder wollte er nicht derjenige sein, der die schlechte Nachricht überbringt?
Diese Fragen können wohl nur Anfragen im Berliner Abgeordnetenhaus aufklären - wenn überhaupt.