Sellerpark wird neu gestaltet

Wo ist der Ort in Mitte, an dem alle drei Alt-Bezirke Wedding, Moabit und Mitte zusammenstoßen? Das ist ungefähr bei der türkisfarbenen Riesenbank, dort wo die Kieler Brücke den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal überquert. Hier liegt der Sellerpark. Zu zwei Dritteln im Wedding und einem Drittel in Alt-Mitte. Und warum schreiben wir dann auf MoabitOnline über ihn? Weil er wirklich direkt an Moabit angrenzt und die Promenade am Kanal ein beliebtes Naherholungsgebiet gerade auch für Moabiter ist.
Der Sellerpark wird neu gestaltet. Und zwar mit Geld, das als Ausgleichs- bzw. Ersatzmaßnahme für Eingriffe in den Naturhaushalt fließt, die Baumaßnahmen in Moabit verursacht haben. Auch das ist ein Grund, weshalb wir darüber auf MoabitOnline schreiben. Schon die Promenade am Kanal mit Liegewiese und Aussichtsbalkon ist mit Ausgleichsgeldern der Deutschen Bahn für Baumfällungen im Zusammenhang mit dem Bau der Bahntunnel und dem Hauptbahnhof gestaltet worden. Wer wissen möchte, wie das mit dem Ausgleich für Baumaßnahmen geregelt ist, kann bei Wikipedia nachlesen.
Bisher kam man von der Kieler Brücke auf eine wilde Blumenwiese über die mit Granitplatten ein Weg in Richtung Erika-Hess-Eisstadion führte. Einzelne Steine waren zum Sitzen in die Wiese eingestreut. Im Sommer fanden unzählige Hummeln und andere Insekten hier reichlich Nahrung. Größere und kleinere Gruppen trafen sich bei schönem Wetter am Wochenende zum Grillen.
Bereits im Frühjahr und Sommer 2008 wurden an dieser Stelle viele wild gewachsene Bäume gefällt. Jetzt

ist alles umgepflügt und eine Erschließungsstraße für die Luxuswohnungen des Hafenquartiers ist im Bau. Vor diese Townhouses passt wohl keine wilde Blumenwiese. Das Ufer des sogenannten Nordhafen-Vorbeckens, hier mündet ein Arm der Panke, ist zugewachsen. Doch wer möchte, kann über eine kleine Treppe zum Wasser gelangen.
Ob dies als Denkmal für die im Frühjahr gefällten Bäume gedacht ist?
Auf der Weddinger Seite liegt ein kleiner Park mit einigen stattlichen alten Bäumen, aber auch vielen kranken Bäumen oder wildgewachsenen. Auslichtungsmaßnahmen sind also durchaus verständlich. Es sollen 59 Bäume gefällt werden, die teilweise nicht mehr standsicher sind oder auch nur dünne Stangen. Das nördliche Ufer des Pankebeckens soll "zugänglich gemacht werden", berichtete das beauftragte Landschaftsplanungsbüro Szamatolski + Partner bei der Sitzung des BVV-Ausschusses für Umwelt und Natur am 14. Oktober 2008. Eigentlich ist es ja zugänglich, nur etwas zugewachsen. Auch hier hätten die Sträucher schon vor Jahren einen Schnitt vertragen können. Die Planung sieht aber eher so aus, als ob die Sträucher alle entfernt werden sollen und der gesamte Hang neu terrassiert wird. Vermutlich kommt die kleine Treppe weg und wie an der Kieler Brücke beim Schifffahrtskanal auch werden Granitbänke eingebaut. Auch am Nordhafen soll eine Uferpromenade direkt am Wasser gebaut werden, dort, wo früher das Restaurantschiff lag.
Der Rest des kleinen Parks ist von der nahen Sellerstraße stark verlärmt. So ist es vielleicht nur folgerichtig, dass die alten Bänke, die im Kreis angeordnet sind, abgebaut werden, weil vielleicht selten jemand darauf sitzt und stattdessen ein gerader Weg gebaut wird, dort wo die Leute jetzt schon laufen. Aber das ganze als eine Ausgleichsmaßnahme zu bezeichnen ist schon wieder mehr als zweifelhaft. Für insgesamt 660.000 Euro entsteht kein neues Grün!
Die Baumaßnahmen sollen schon ab nächster Woche beginnen, aber erst 2012 wird das Wasser und Schifffahrtsamt die Spundwände der Ufer erneuern. Hier kann der Entwurf heruntergeladen werden.
Ein Teil der Ausgleichsgelder sind 2005 beim Planfeststellungsverfahren für den Bau der "Planstraße in Block 9", wie die Entlastungsstraße für die Quitzowstraße bei den Planern heißt, festgelegt worden. Damals hatte der Betroffenenrat Lehrter Straße sich dafür eingesetzt, den Eingriff in Natur und Landschaft, den dieser Straßenbau bedeutet, räumlich näher auszugleichen. Der Wunsch war das brachliegende Grundstück der ehemaligen Schleicherfabrik zu begrünen. Doch musste er feststellen, dass das Bezirksamt wegen Altlastenverdacht dieses Grundstück nicht anfassen will.
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Firma Agromex baut das Hafenquartier Mitte, die Millionenreihenhäuser am Pankevorbecken. Längst verkauft, aber hier findet man es noch, 11 Townhäuser.
Studie zur Ökobilanz Sellerpark mit und ohne Umgestaltung. Am schlimmsten wirken sich nicht mal die Baumfällungen, sondern der Transport der Granitbänke aus China aus.
Artikel zum Findling mit dem Gedicht "Pflanz einen Baum" von Max Bewer, der etwas weiter nördlich am Nordhafen liegt.
Nachtrag 2011:
Ein Foto vom neugestalteten Sellerpark, ähnliche Perspektive wie Foto 3 der Fotogallerie.
Hat jetzt zwar nichts mit dem Sellerpark zu tun, befindet sich nur in der Nähe: Der automatische Entlaubungsrechen der Panke. Trotzdem schwimmt im Pankevorbecken jede Menge Dreck herum, aber vielleicht fließt dieser Teil des Wassers einen anderen Weg.
Eine Zusammenstellung mit Zeitschriftenartikeln aus den 1950er Jahren zur Panke.
Nachtrag 2017:
Kritik von Hände weg vom Wedding in der Reihe "Verdrängung beginnt hier" zum Hafenquartier am Pankevorbecken.