Public Viewing im neuen »Café Alverdes«

Mit dem Umbau des Café am Park und der Umfeldgestaltung der Heilandskirche ist die achtjährige Neugestaltung des Kleinen Tiergartens/Ottopark nun abgeschlossen

Avni Dogan sieht erschöpft, aber zufrieden aus. Der Inhaber des beliebten Cafés am Park hat stressige Zeiten hinter sich, doch jetzt ist endlich ein Ende in Sicht. Anfang Juni wird das Café an der Stromstraße nach einem umfassenden Umbau wiedereröffnen. In der Tat ist es kaum wiederzuerkennen: Der Gastraum wirkt mit seinen neuen Farben und neuem Mobiliar modern-schlicht, fast edel, aber gemütlich. Auf der großzügigen rückwärtigen Terrasse laden Holzbänke und Tische zum Sitzen in der Sonne mit freiem Blick auf den östlichen Kleinen Tiergarten und das Wasserspiel ein. Sogar einen neuen Namen hat das Café. Es heißt jetzt »Café Alverdes« – benannt nach jenem Gartenarchitekten, der in der Nachkriegszeit den Kleinen Tiergarten neu entwarf, heute ist der östliche Kleine Tiergarten ein Gartendenkmal. Eine ganz besondere Rolle aber – so merkwürdig das zunächst klingen mag – spielen die Toiletten. Sie sind nicht nur tadellos modernisiert: Die WCs (eines davon behindertengerecht und barrierefrei) werden künftig nicht nur den Gästen des Cafés zur Verfügung zur stehen, sondern auch allen anderen Parkbesuchern – und zwar kostenlos.

Die Toiletten sind Bestandteil eines Vertrags, den das Bezirksamt Mitte mit Avni Dogan geschlossen hat. Der Grundgedanke war, dass in Parks und Grünanlagen oft öffentliche WCs fehlen, weil die Bezirke dies vor allem wegen der hohen Betriebs- und Wartungskosten nicht mehr finanzieren und der Vertrag des Landes mit der Firma Wall über öffentliche (Bezahl)toiletten ausläuft. Also sucht man nach neuen Wegen, um öffentliche WC-Möglichkeiten zu schaffen und damit u.a. das Wildpinkeln einzudämmen.

Auch den Wirt Avni Dogan störte es, dass um sein Café an der Stromstraße ständig in die Büsche uriniert wurde und Spritzen herumlagen. Im Zuge der Neugestaltung des Kleinen Tiergartens – das größte Projekt im Fördergebiet »Aktives Zentrum Turmstraße« – kam es deshalb zu einer Vereinbarung: Dogan erklärte sich bereit, neue Toiletten zu bauen, die öffentlich unentgeltlich nutzbar sind, und außerdem die nicht unerheblichen Betriebs- und Wartungskosten zu übernehmen. Im Gegenzug wollte er gern sein Café etwas vergrößern und die Terrasse stärker zum Park hin öffnen. Eine »Win-Win-Situation«, wie Stefan Lange vom Stadtentwicklungsamt Mitte sagt, ein gelungenes Beispiel des »Zusammenwirkens von öffentlicher Hand und privater Initiative«. Zusätzlicher positiver Effekt: durch die Öffnung der Café-Terrasse zum Park hin erhält dieser mehr »soziale Aufmerksamkeit«. Doch vor der Realisierung standen noch diverse Hürden: So war das Grundstück mit dem Café offiziell immer noch Teil der öffentlichen Grünfläche Kleiner Tiergarten. Doch ohne klare Eigentumsverhältnisse hätte Dovgan den Umbau nicht finanzieren können. Nach langem Ringen wurde schließlich das Grundstück aus der Grünfläche herausgelöst, so dass der Bezirk einen langfristigen Erbbaupachtvertrag mit dem Café-Betreiber abschließen konnte.
Insgesamt 600.000 Euro hat der Umbau des Cafés inklusive der Toiletten gekostet, mehr als 90% der Kosten trägt Avni Dogan, hinzu kommen noch die Betriebskosten.

Nun ist der Umbau so gut wie abgeschlossen, nahezu zeitgleich – und pünktlich zum diesjährigen »Tag der Städtebauförderung« – wurde auch der achte und letzte Bauabschnitt der Gesamtmaßnahme »Kleiner Tiergarten/Ottopark« fertiggestellt: die Neugestaltung der Freiflächen um die Heilandskirche. Anlass genug für Stadtrat Ephraim Gothe, bei einem kleinen Vor-Ort-Pressegespräch noch einmal kurz die Entwicklungsgeschichte der umfassenden Parkneugestaltung zu resümieren, die insgesamt acht Jahre dauerte: Angefangen vom landschaftsplanerischen Wettbewerb im Jahr 2010 und dem Konsens, einen »Park für alle« zu gestalten, der niemanden ausgrenzt, über die umfängliche und breite Bürgerbeteiligung (samt aller Konflikte um Baumfällungen und Sitzkiesel) bis hin zu den einzelnen Bauabschnitten und ihrer vielfältigen Charakteristik. Da ist der Ottopark mit Spielplätzen und großzügigen Aufenthaltsbereichen, der östliche Kleine Tiergarten mit einer gelungenen Verbindung von Gartendenkmal und modernen Elementen, mit zwei hochfrequentierten Spielplätzen, der historischen Rollerbahn, mit Liegewiese und dem Senkgarten samt Wasserspiel (allein letzteres war eine sehr aufwändige Maßnahme). Da ist der mittlere Transitbereich mit dem Aufenthaltscontainer für die Szenegruppen samt Trinkbrunnen und Pissoir sowie mobiler Straßensozialarbeit, und schließlich das Umfeld der Heilandskirche, die nun, nach der Neugestaltung, mit ihrer hohen schlanken Erscheinung wieder richtig zur Geltung komme, so Stefan Lange.

Stadtrat Gothe verwies noch einmal auf die enorme Bedeutung sozialer Infrastruktur (Schulen, Kitas, Spielplätze, öffentliche Grünflächen) in einer stark wachsenden Stadt wie Berlin mit steigenden Kinderzahlen, in einer Stadt, in der das Bauen nicht aufhören werde. Wer an sonnigen Frühlingstagen durch den Park spaziert, sieht, dass sich die damit verbundenen Hoffnungen erfüllt haben und wie viele Menschen den Park nutzen. Freuen darf man sich außerdem auf ein besonderes Highlight im Sommer. Dann nämlich lädt das neu gestaltete »Café Alverdes« pünktlich zur Fußball-WM zum Public Viewing ein – Beamer und Leinwände stehen schon bereit.

Text: Ulrike Steglich, Foto: Susanne Torka

Zuerst erschienen in der »ecke turmstraße«, nr. 3, mai/juni 2018

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