Nicht verunsichern lassen von kuriosen Briefen!
Die zweite Stufe des Mietendeckels tritt am kommenden Montag (23.11.2020) in Kraft. Ab diesem Tag können überhöhte Mieten abgesenkt werden. Als zu hoch gilt eine Miete, die mehr als 20% über der im Gesetz definierten, je nach Baualter unterschiedlichen, Höchstmiete liegt. Der Senat geht davon aus, dass ca. 340.000 Haushalte ihre Miete senken können. Der offizielle Mietendeckelrechner wurde vor einigen Tagen ins Netz gestellt, damit alle Mieter:innen ihre Miete einfach überprüfen können. Für langjährige Mieter:innen gilt der Mietenstopp auf die am Stichtag (18.6.2019) geltende Miete bis zum 31.12.2021.

In diesem Zusammenhang haben wir erfahren, dass es in Moabit Mieter:innen gibt, die sich von kuriosen Briefen ihrer Hausverwaltung verunsichern und sogar gegen das Mietendeckelgesetz, richtig Gesetz zur Mietenbegrenzung im Wohnungswesen in Berlin (MietenWoG Bln), beeinflussen lassen. Wir dokumentieren hier den Brief einer Hausverwaltung. Das Wort "Mietendeckel" wird mit keinem Wort erwähnt, die Argumentation macht einer satirischen Glosse alle Ehre. Um welches Haus es sich handelt, soll unerwähnt bleiben.
"Informationen zu Ihrem Mietverhältnis Berlin, den 22. Oktober 2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir sind dazu angehalten worden Sie über ein paar mietpreisrelevante Eckdaten zu informieren und dem kommen wir natürlich gerne nach. Auch, wenn wir das Haus, in dem Sie wohnen nicht gebaut haben und wir es auch noch nicht über einen wirklich langen Zeitraum verwalten, um wirklich alles darüber wissen zu können, so lassen Sie uns doch folgendes zusammenfassen:
Das Mehrfamilienhaus in dem Sie wohnen, wurde etwa im Jahr 1895 errichtet und Ihre Wohnung verfügt natürlich über eine Heizung und ein Badezimmer. Sie haben das vermutlich bereits gewusst, ebenso, wie Sie die Größe Ihrer Wohnung und die Anzahl der Zimmer selbst am besten kennen und Sie natürlich auch Ihre Miete kennen, die Sie jeden Monat an uns überweisen, wofür wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchten. Auf die Erhöhung von Mieten verzichten wir schon seit vielen Jahren und so kennen Sie auch Ihre Miete zu einem beliebigen Stichtag. Modernisierungen haben wir auch schon seit ganz vielen Jahren nicht mehr auf Sie oder andere Mieter umgelegt, weil die Stimmung zwischen Mietern und Vermietern in dieser Stadt wahrlich genug angefressen ist und wir kein weiteres Öl in das Feuer gießen möchten.
Das ist natürlich schon etwas Besonderes, so einen zurückhaltenden Vermieter und Verwalter zu haben doch darüber hinaus, verfügt Ihre Wohnung noch über drei, vier oder fünf Sondermerkmale, die sie für Sie und uns ganz besonders macht. Wir freuen uns, dass Sie gerne bei uns wohnen und wir möchten Sie gerne auch weiterhin zu unseren Mietern und Mieterinnen zählen.
Wir kommentieren die Vorhaben des Berliner Senats nicht weiter, aber für uns ist es ganz wichtig bei dieser Gelegenheit festzuhalten, dass wir den mit Ihnen bestehenden Mietvertrag damals auf der Rechtsgrundlage des Bürgerlichen Gesetzbuches BGB und seiner Nebenbestimmungen sowie des Berliner Mietenspiegels abgeschlossen haben.
Keine der von uns vereinbarten Mieten in ganz Berlin, überschreitet die Spannen des noch immer gültigen Berliner Mietenspiegels von 2019, obwohl die Knappheit an Wohnungen es uns jederzeit ermöglicht hätte, viel teurer zu vermieten. Wir sehen es als eine Art Solidargemeinschaft oder auch Leidensgemeinschaft an, in Berlin Vermieter oder Mieter zu sein.
Um die Gesamtzusammenhänge zu schützen, schützen wir uns auch vor äußeren Einflüssen auf unsere Wohnungen und Vermieter, denn wenn dort Störungen eintreten, gerät schnell ein ganzes Haus in Schieflage und Berichte von abgestelltem Wasser oder Strom, weil ein Vermieter kein Geld mehr hat, kennen wir alle aus dem rbb.
Wir werden es daher nicht akzeptieren, wenn uns mietseitig andere Vertragsgrundlagen als die bei Abschluss des Vertrages bekannten vorgehalten werden. In einem solchen Fall würden wir die Mietverträge aus besonderem Grund wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage kündigen müssen, und zwar fristlos sowie zeitgleich mit einer Notfrist von 3 Monaten, in denen wir die bisherigen Mietzahlungen nur als Nutzungsentschädigung abfordern würden.
Wir hoffen sehr, dass wir gemeinsam gut durch diese dunkle Zeit der Pandemie und der Zündeleien aus dem Senat kommen. Von unserer Seite her haben wir Ihr Mietverhältnis bislang gehegt und gepflegt und wir haben es auch nicht vor, Ihnen irgendwann die Miete zu erhöhen.
Wenn Sie in den kommenden Monaten Schwierigkeiten mit Ihren Mietzahlungen haben, weil es in der Pandemie nicht überall so gut läuft wie zuvor, dann reden Sie bitte mit uns darüber.
Über die gesetzlichen Regelungen hinaus, verzichten wir auf zahlungsbedingte Kündigungen bis einschließlich Dezember 2021, wenn Sie Ihre Miete aufgrund der Folgen der Pandemie nicht bezahlen können. Aber bitte verschonen Sie uns im Gegenzug mit dem Klassenkampf von Teilen des Berliner Senats.
Mit freundlichen Grüßen und bleiben Sie gesund & munter!"
Diesen bemerkenswerten Brief als Bedrohnung des eigenen Mietverhältnisses und den Mietendeckel als mieterfeindlich zu interpretieren, erscheint absolut abwegig. Interessant wäre vielleicht einzig der Satz "... und wir haben es auch nicht vor, Ihnen irgendwann die Miete zu erhöhen." Das kann aber wohl doch nicht mit dem Passus "Mieterhöhungen sind ausgeschlossen" aus den Mietverträgen der Brunnenstraße 6/7 in Mitte verglichen werden, dort wollte der Vermieter diesen Satz wieder zurücknehmen, womit er jedoch 2015 vor dem Landgericht auf ganzer Linie gescheitert ist.
Weitere Informationen:
Berliner Mieterverein Mietendeckel
offizieller Miedendeckelrechner des Senats
Fragen und Antworten zum Mietendeckel (Senat)
Wir bedanken uns beim Berliner Mieterverein für die Genehmigung zur Verwendung der Grafik.