Neukölln ist überall
Wir als Bürger/ innen dieses Landes legen einen großen Stellenwert auf Erhaltung und Weiterführung der freiheitlich, demokratischen Grundsätze. Jene Institutionen, unter anderem auch das Polizeipräsidium, gelten als Hüter und Wegweiser dieser Grundordnung in unserem Rechtstaat. Des Weiteren ist es wichtig zu erwähnen, dass die Behörde als exekutives Organ für Durchsetzung von Recht und Ordnung befugt ist, um vor allem die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten.
Wir wissen die unternommenen Anstrengungen und dem gewissenhaften Einsatz der Polizeibeamten zu schätzen und können das nur loben.
Leider bin ich gehalten, unzumutbare Vorkommnisse, die sich am 26.10.2011 um 16:15 Uhr in Berlin Paulstraße/ Alt-Moabit ereigneten, hier zu dokumentieren.
Unterwegs zu meiner Tochter, um sie aus Steglitz von der ISB - Internationale Kantschule Berlin abzuholen, zeigte die Uhr 15:15. Ankunft in der Körnerstraße ca. 15:35 Uhr. Abfahrt von der Schule gegen 15:45 Uhr. Routinemässig nahmen wir die Strecke Straße des 17. Juni, um über Bach- ind Lessingstraße nach Moabit zu gelangen. Doch unterwegs bat mich meine Tochter (damals 7 Jahre alt, sie besuchte die 3. Klasse ), ob ich ihr erneut das Brandenburger Tor zeigen könne, und so fuhren wir am S-Bahnhof Tiergarten vorbei in Richtung Siegessäule und nahmen die Ausfahrt zum Brandenburger Tor. Im Radio wurde zwischenzeitlich über die Bundeskanzlerin Frau Merkel etwas berichtet. Meine Tochter fragte, wie Frau Merkel mit Vornamen hieß, ich antwortete Angela. Sie erwiderte, dass es anders lautete und verwies auf ihre Amtsbezeichnung Bundeskanzlerin, und wir lachten zusammen. Sehr aufgeregt bewunderte sie das Brandenburger Tor und wir fuhren zum Anschluss am Abgeordnetenhaus sowie dem Bundeskanzleramt und Schloss Bellevue vorbei. Über John-Foster-Dulles-Allee bogen wir rechts in die Paulstraße, um über Alt-Moabit zur Rathenowerstraße und zum Anschluss auf die Birkenstraße zu gelangen, wo wir wohnen.
Auf der Paulstraße / Alt-Moabit ( Zone 30 ) stand mitten auf der Fahrbahn zwischen den Autos ein Polizeibeamter. Aus diesem Grunde war der Verkehrsfluss erheblich beeinträchtigt. Er ließ den Wagen vor uns vorbeifahren und begab sich in einer überheblichen Form vor unserer Fahrzeug, nahm seine Kelle hoch und wies mehrmals mit seiner linken Hand zu rechten Straßenrand. Hierbei ist es von Bedeutung zu erwähnen, dass die Gesten und Mimiken des Beamten nicht einer freundlichen Art gleichzusetzen waren, sondern mehr einer genervten Person entsprachen. Den Anweisungen des Polizeibeamten habe ich unverzüglich Folge geleistet. Er näherte sich zur Fahrerseite, ich ließ die Fensterscheibe runter. Ich habe in diesem Augenblick eine Begrüßung erwartet, stattdessen wurde prompt und sehr unfreundlich gefragt: "Wissen Sie, warum wir Sie angehalten haben?" (Zitat) Ich erwiderte, dass ich es nicht wisse. Er verwies mich auf das rechte Abblendlicht, welches nicht mehr funktionsfähig war. Da das Fahrzeug mit einer automatischen Lichtanlage ausgestattet ist, waren die Lichter bereits vor Eintritt der Dunkelheit (ca. 16:15 Uhr) eingeschaltet, so dass dieser Mangel zu sehen war. Er forderte mich auf, dieses von Außen selber zu betrachten, was ich auch tat. Ich gab ihm recht und begab mich erneut in Richtung Steuer.
Währenddessen gab der Beamte sehr unfreundlich und betont folgende Bemerkung von sich: "Das Kind gehört eigentlich nicht nach vorne, es ist nicht altersgerecht, ist mir ja auch völlig egal, wenn sie durch die Windschutzscheibe auf die Straße fliegt, es ist ja auch nicht mein Kind!" (Zitat) Hierbei ist es wichtig zu erwähnen, dass meine Tochter auf einem Kindersitz saß und sehr wohl auch angeschnallt war. Ich blieb gelassen, setzte mich ans Steuer und sagte nichts. Er forderte mich auf, den Fahrzeugschein zu zeigen: "Totz allem möchte ich die Papiere sehen." (Zitat) Ich übergab ihm den Fahrzeugschein und meinen Personalausweis. Draußen fing es an zu regnen. Er betrachtete die Papiere einen kurzen Moment und sagte sehr unhöflich: "Haben Sie so was wie Führerschein?" (Zitat) Ich übergab ihm meinen Führerschein. Er fragte: "Wer ist das?" (Zitat) Ich antwortete, dass ich es sei. Er schrie: "Werden Sie nicht unverschämt, ich will wissen, wer der Fahrzeughalter ist." ( Zitat) Ich antwortete, dass es mein Schwiegervater wäre. Mit erneut rauer und lauter Stimme befahl er mir aus dem Fahrzeug heraus zu kommen: "Steigen Sie sofort aus dem Wagen!` (Zitat) Ich wies ihm auf mein Recht hin, im Fahrzeug bleiben zu dürfen. Darauf hin der Beamte schreiend: "Sie haben mich angespuckt, ich werde gegen sie Anzeige erstatten." ( Zitat) Meine Tochter und ich waren sehr überrascht und erschrocken. Ich forderte ihm auf mir seine Dienstnummer auszuhändigen, und erklärte, dass ich unter diesen Umständen keinen Dialog führen möchte, und warum er die Unwahrheit sage. Ich sagte: "Hören Sie auf zu provozieren, ich bitte Sie, ich habe Sie nicht angespuckt." (Zitat)
Ich blieb im Auto sitzen und beruhigte meine weinende Tochter, er ging mit den ausgehändigten Papieren zum Einsatzfahrzeug, wo andere Beamte warteten. Es waren insgesamt noch weitere vier Beamte (eine Polizeibeamtin) am Einsatzfahrzeug.
Es vergingen ca. 20 Minuten und ich wartete vergeblich auf die Dokumente und musste sozusagen eine 'Geduldprobe' bestehen. Da meine Tochter unruhig wurde, stieg ich aus dem Auto aus und ging zum Einsatzfahrzeug. Ich sprach den Herren, der uns angehalten hatte, an und verlangte die Herausgabe meiner Dokumente, um weiterfahren zu können. Dieser ignorierte mich und sagte: "Ich möchte mit Ihnen nicht sprechen." (Zitat) Ich ging zu einem älteren Beamten in der Nähe und fragte, ob es zumutbar ist, einen Bürger mit einem kleinen Kind so lange aufzuhalten, und dass meine Tochter ihre Notdurft verrichten möchte. Er erwiderte: "Der Kollege möchte gegen Sie wegen Beleidigung Anzeige erstatten, kann ich nicht ändern. Sie müssen warten bis andere Polizeibeamte eintreffen, um die Anzeige aufzunehmen." (Zitat) Es blieb mir nichts anders übrig, als mich diesem Schicksal zu beugen und lautstark zu protestieren: "Es ist unverantwortlich, unfair, unverhältnissmäsßig, es ist keine Verkehrskontrolle mehr, es gleicht einer Repressalie, Willkür." (Zitat)
Auf meine Frage, wer der Einsatzleiter vor Ort ist, dass ich mich beschweren will, wurde nicht eingegangen und ich wurde ignoriert.
Alle Beamte/innen haben uns nicht wahr genommen, uns den Rücken zugekehrt, weg geguckt. In keiner Weise wurde in der gesamten Angelegenheit beruhigend, geschweige deeskalierend eingegriffen. Lediglich stieg aus dem Fahrzeug ein Polizeibeamter und übergab mir einen Mängelbericht.
Ca. 10 Minuten später traf ein Streifenwagen ein, es stiegen zwei junge Polizeibeamte/in aus und begaben sich zu dem Beamten, der mich wegen Beleidigung anzeigen wollte. Meine Tochter und ich standen etwas abseits und konnten nicht hören, was gesprochen wurde. Anschließend kamen beide zu uns und belehrten mich, zu den Vorwürfen nicht aussagen zu müssen. Ich schilderte, wie es zu diesem peinlichen Vorfall gekommen ist, und sie wiesen mich darauf hin, dass ich Post kriegen werde, und ich ausführlich dazu Stellung nehmen kann.
Da bereits von Seiten des Beamten eine Anzeige erstattet worden war, bestand ich ebenfalls auf der Aufnahme meiner Anzeige wegen Verleumdung. Diese wurde aber leider erst nach mehreren Drängen aufgenommen. Per Handy mussten sie sich erkundigen, ob es ginge oder nicht. Erst als ich meinte: "Sollten Sie meine Anzeige nicht aufnehmen, bin ich leider gezwungen die Polizei zu verständigen, um denen diese Aufgabe aufzuerlegen" (Zitat)
Meine Ausweisdokumente wurden mir übergeben und meinem Anfragen entsprechend die Dienstnummer des Polizeibeamten von seinem Kollegen ausgehändigt. Die Versuche, die Situation in einem Gespräch vor Ort zu klären, fand keine Akzeptanz und so fuhren meine verunsicherte Tochter und ich gegen 16:50 Uhr nach Hause.
Das Abblendlicht rechts wurde am nächsten Tag durch meinen Schwiegervater, dem das Fahrzeug auch gehörte (das Fahrzeug wurde von mir an diesem Tag nur ausgeliehen) beim Autohersteller vorgeführt und der Mängel behoben (Kosten: 11 Euro). Es leuchtet wieder.
Jedoch wurde versucht meiner 7 jährigen Tochter und mir das Licht in unseren Augen weg zu nehmen, mit dem wir ein grosses Sichtfeld erblicken und Horizonte erfassen. Wir sehen die Hauptstadt Berlin mit all ihren Meisterwerken, Menschen, Geschichten, wir sehen und leben Deutschland in uns ...
Es war vor allem diskriminierend, unzumutbar, unehrenhaft, unwürdevoll, respektlos, sittenwidrig, stieß an die Grenzen der Nötigung und Freiheitsberaubung und erzeugte in mir große Enttäuschung, Ohnmachtsgefühl und Verzweiflung. Es war meines Erachtens keineswegs freiheitlich, geschweige demokratisch und widersprach den Grundsätzen des Rechtstaates, auf den wir sehr stolz sind.
Wir betreiben unmittelbar in der Nähe des Polizeiabschnitts seit 2003 ein Cafe-Geschäft. So waren wir am 24.10.2011 im Roten Rathaus durch den regierenden Bürgermeister von Berlin Herrn Klaus Wowereit, den Senator für Bildung Herrn Zöllner, die Bildungsministerin Frau Schavan sowie den Staatssekretär Herr Helge Braun für unsere besonderen Dienste zur Förderung der Integration bzw. Beschaffung von Ausbildungsplätzen für junge Menschen geehrt worden. Wir geben uns große Mühe, ich unter anderem auch als Quartiersrastmitglied in Moabit-Ost, um das Miteinander in unserem Quartiersgebiet besser und zukunftsorientiert effizient zu gestalten. Der Ruf nach Unterstützung durch alle Gremien, Behörden wäre an dieser Stelle sehr angebracht.
Für über 10.000 Menschen in unserem Kiez setze ich mich als Quartiersratsmitglied ein, die uns wegen unseren Engagements, Respekt und Toleranz ausgewählt haben, wo an Anspucken eines Polizeibeamten nicht zu denken wäre.
Wir protestieren und verurteilen das unverhältnismässige, unzumutbar negative Auftreten des Polizeibeamten und bemängeln trotz unserer Dialogbereitschaft (ich beziehe mich auf das Telefonat vom 27.10. um 11:02 sowie um 14:51 Uhr ) für ein Gespräch mit uns nicht zur Verfügung zu stehen. Es zeigt eine verdeckte Arroganz und stösß an die Grenzen einer weitreichend dominierenden Parallelgesellschaft. Ein Polizeibeamter mit Öffentlichkeits-Aufgaben, der täglich mit Menschen zu tun hat, sollte in der Lage sein auf bestimmte Höflichkeits- und Kommunikationskriterien zu achten und diese einzuhalten.
Wir sahen uns veranlasst gegen den Polizeibeamten dienstrechtlich, sowie strafrechtlich vorzugehen und haben nach Zugang der Anzeigemitteilungen zur Wahrnehmung unserer Interessen einen Anwalt beauftragt. Der Auftakt der 1. Verhandlung findet am 6. November 2012 statt. Ich lade alle herzlich ein, dabei zu sein!
Die Adresse lautet: Amtsgericht Tiergarten, Kirchstraße 6, 10557 Berlin, Raum 2108, 6.11.2012, 9:15 Uhr
Fatih Bayram