Mieter machen mobil gegen nächtliche Lärmbelästigung

Jetzt reicht es den Mietern in der Lehrter Straße! Seit Anfang Juni die ersten 100 Zimmer im A&O Hostel auf dem Nachbargrundstück eröffnet wurden, ist es mit der Nachtruhe vorbei. Das war vorherzusehen bei einem Hostel/Hotel mit mehr als 850 Betten neben und gegenüber von Wohnhäusern. Es ist genau das eingetreten, was die Nachbarn schon beim Baubeginn befürchtet haben und wogegen sie im November 2008 auf die Straße bzw. auf die Ulmeninsel gegangen sind.

Susanne Bendig aus der Lehrter Straße beschreibt die Situation so: "Seit der Eröffnung auf der Baustelle ist das Hostel inzwischen voll belegt, wie nicht anders zu erwarten, mit Jugendgruppen. Die Folge davon sind 24 Stunden internationaler Lärm, volltrunkenes Rumgegröle, sowie lustiges Geratter der allzeit beliebten Ziehkoffer. Leere Bierflaschen, Socken, Turnschuhe, mitunter auch mal Jeans zieren ab Hauptbahnhof den Bürgersteig und die Vorgärten. Zur Freude der Anlieger, lungern ganze Gruppen, aufgrund des Nichtraucherschutzes, sowohl vor dem Haupteingang, als auch auf dem Parkplatz herum (nicht nur zum Rauchen). Mein Nachbar Mike Bachmann und ich, Mieter der Degewo, haben mehrfach nach 22 Uhr im Hotel angerufen, um Ruhe zu erbitten. Leider ohne Erfolg. Die hinzugezogene Polizei erteilte uns den Rat einer Unterschriftensammlung, Gemeinschaftsanzeige beim Ordnungsamt, sowie der Führung von Lärmprotokollen. Dies haben wir nun aktiv in die Wege geleitet, und haben bei unserer Wanderung durch die anliegenden Häuser ein erstaunliches Feedback erfahren."

Betroffen ist die Nachbarschaft in unterschiedlicher Intensität. Fast an jeder Ecke hört man von genervten Anwohnern den Satz: "Rollenkoffer müsste man eigentlich verbieten!" Besonders schlimm sind größere Gruppen, die nachts grölend vom und zum Hauptbahnhof ziehen und sich manches Mal sogar an der Ecke zur Invalidenstraße bei der Begegnung gegenseitig verprügeln. Die Mieter der dem Hostel gegenüberliegenden Häuser werden belästigt durch lautstark geführte Unterhaltungen vor dem Eingang, dort treffen sich die Raucher. Aber auch die Gärten hinter ihren Häusern werden von denjenigen genutzt, die sich dorthin aus den verschiedensten Gründen zurückziehen wollen.
Von lauter Musik bei geöffneten Fenstern oder Gesprächen von Zimmerfenster zu Zimmerfenster, sind besonders die Mieter in den Hinterhäusern der Lehrter Straße 6 und 7 betroffen, ebenso wie vom Busverkehr zum Parkplatz. Neulich fuhr sogar nachts um halb eins noch ein Bus durch die Einfahrt. Unzählige Male musste wegen nächtlicher Ruhestörung bereits die Polizei gerufen werden, doch das hilft immer nur kurzfristig. Der Hotelbetrieb nimmt keine Rücksicht auf die Nachbarschaft, sonst würde man doch nicht um 23 Uhr den Müll auf scheppernden Rollenwagen zum Container schieben, sozusagen direkt unter den Fenstern der Nachbarn entlang. Da kann sich der Hotelbetreiber auch nicht mit dem kleinen Hinweisschild herausreden, mit dem er seine Gäste um Einhaltung der Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr bittet.

Susanne Bendig und Mike Bachmann sind aktiv geworden. Sie haben einen Brief an das A&O Hostel, an das Ordnungsamt und ihren Vermieter Degewo geschrieben. Sie führen Lärmprotokolle. Sie planen eine Sammelklage, wenn sich nichts ändert. Zu diesem Vorgehen hat die Polizei geraten, wie oben bereits erklärt wurde. 100 dieser Briefe haben sie in der Nachbarschaft verteilt und um Unterschrift gebeten. 55 Unterschriften haben sie zurückbekommen. Den beiden Degewo-Mietern geht es insbesondere darum, dass der zwischen dem Bauherren von A&O und ihrem Vermieter geschlossene gerichtliche Vergleich eingehalten wird. Das ist nämlich bisher nicht der Fall.
In diesem Vergleich wurde vereinbart, dass eine hochwachsende Hecke an der Grundstücksgrenze gepflanzt wird und dass eine Schranke die Einfahrt in den Parkplatz regelt. Weder ist die Hecke gepflanzt, noch die Schranke gebaut. Des weiteren soll kein Bus zwischen 22 und 6 Uhr einfahren können. Auch das wurde missachtet. Auch die Einhaltung der Nachtruhe ab 22 Uhr ist Gegenstand des Vergleichs: "Der Betreiber hat sicherzustellen, dass es nicht zu nächtlichen Ruhestörungen durch Gäste kommt." Das Schreiben der Degewo an ihre Mieter, dem dieser Satz entnommen ist, kann hier heruntergeladen werden.
Anwohner, die von der Lärmbelästigung ebenfalls betroffen sind und bisher den oben verlinkten Mieter-Brief noch nicht bekommen haben, können ihn ausdrucken, unterschreiben und an Susanne Bendig oder Mike Bachmann weiterleiten. Weitere Unterstützer der Sammelklage sind sehr willkommen, schließlich wünschen wir uns alle, dass die Lehrter eine Wohnstraße bleibt.
Nachtrag:
Auch Ralf Liptau von der Berliner Woche berichtete und kommentierte in der Ausgabe vom 17.11.10
Hier kann ein Lärmprotokoll heruntergeladen werden. Das MieterEcho hat im März 2011 auch berichtet.
Nachtrag vom 27.7.11:
Am 9. Juni hat ein Clearinggespräch zwischen Vertretern des Hostels und Anwohner/innen im Umweltamt stattgefunden. Auch die Polizei und Carsten Spalleck, verantwortlicher Stadtrat für das Ordnungsamt hat teilgenommen. Es wurden konkrete Verabredungen getroffen, die die nächtliche Ruhestörung im Zukunft verhindern sollen.
Kürzlich ist das Protokoll des Treffens eingegangen. Im Herbst soll ein weiterer Termin klären, ob sich die Situation verbessert hat.
Nachtrag 2013:
Anfrage der CDU-Fraktion in der BVV vom 19.9.13 (Drs. 1028) zu einer möglichen Busvorfahrt vor dem Hostel und deren Beantwortung.
Anwohner_innen haben ein Schreiben an das Bezirksamt gerichtet und nach Informatinen über den Stand des Verfahren gefragt.
Auf der Webseite des B-Ladens ist eine Mailing-Liste zum Hostel eingerichtet für Anwohner_innen, damit sie ihre Informationen besser austauschen können.
Berliner Woche zu Verkehrsproblemen und Busvorfahrt.
Antwort des Bezirksamts auf das Schreiben der Anwohner wegen einer möglichen Busvorfahrt. Darin heißt es sinngemäß, dass ein Antrag auf eine Ladezone gestellt wurde, der aus Gründen der Verkehrssicherheit abgelehnt wurde, weswegen jetzt ein Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht läuft, bald wäre mit einem Mediationstermin zu rechnen.