Islamische Drohungen gegen Galerie Nord

Mit der Toleranz ist das so eine Sache: Man ist gerne bereit, sie in Anspruch zu nehmen, aber nicht unbedingt, sie auch Andersdenkenden gegenüber zu praktizieren. In Moabit stellt sich diese Frage gerade akut. Islamisten fordern von der Galerie Nord, ein Bild aus der aktuellen Ausstellung zu entfernen, weil damit angeblich religiöse Gefühle verletzt werden. Den Betreibern wurde gedroht: "Ansonsten fliegen Steine".

Galerie Nord

Seit Mittwoch ist die Galerie in der Turmstraße 75 deshalb geschlossen, die großen Schaufenster sind verhängt. Das Bild zeigt die Kaaba in Mekka, den riesigen Stein, der das zentrale Heiligtum der Muslime darstellt. Darüber steht "Dummer Stein". Die Ausstellung der dänischen Künstlergruppe Surrend beschäftigt sich satirisch mit Fanatismus und Antisemitismus, insgesamt 22 Bilder hängen dazu in der Galerie.

Knapp eine Woche nach der Eröffnung durch den Präsidenten der Akademie der Künste, Klaus Staeck, verlangten gestern mehrere türkisch- oder arabisch-stämmige Personen unter Gewaltandrohung die Entfernung des Bildes. Der Galerieleiter schloss daraufhin die Räume, um seine Mitarbeiter nicht zu gefährden. Bezirksbürgermeister Christian Hanke solidarisierte sich mit den Ausstellungsmachern und kündigte an, dass sie auch weiterhin gezeigt werden soll. In einer Abendschau-Umfrage unter Ausländern in der Turmstraße zeichnen die Befragten das Bild einer anti-islamischen Aktion.

Tatsächlich richten sich die gezeigten Bilder jedoch nicht gegen Muslime, sondern gegen antijüdische Propaganda und Verschwörungstheorien. Es sind Bilder gegen Neonazis zu sehen, und auch jüdischer Extremismus wird satirisch kritisiert. Von einer Schau gegen Islamgläubige kann überhaupt keine Rede sein. Die jetzigen Drohungen zeigen, dass diese Ausstellung gerade hier an der richtigen Stelle ist.

Denn es sind natürlich die Radikalen, die Kritiker am liebsten sofort mit Gewalt mundtot machen wollen. Es darf aber nicht soweit kommen, dass solche Extremisten Einfluss darauf haben, welche Bilder in einer Ausstellung - zumal in einer kommunalen Galerie - zu sehen sind. Niemand zwingt sie, diese Schau zu besuchen, aber sie haben auch nicht das Recht, ihre Schließung zu erzwingen. Leider haben sie bereits einen ersten Erfolg erzielt. Die Ausstellung bleibt die kommenden Tage geschlossen, am Dienstag soll sie wieder eröffnet werden, bis zu ihrem geplanten Ende am 29. März. Dann wohl unter ständigem Polizeischutz.

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