Farbwelten21 im Moabiter Stadtgarten

Eine farbenfrohe blühende Landschaft schon im Sommer diesen Jahres als Zwischennutzung auf dem Weg zum Moabiter Stadtgarten - das war die überraschendste Neuigkeit bei der Vorstellung der Planung für den neuen Park - nunmehr viel treffender "Moabiter Stadtgarten" genannt - auf der Fläche des ehemaligen Güterbahnhofs Moabit an der Siemensstraße bei einer Veranstaltung Ende April im SOS Kinderdorf. Das Landschaftsplanungsbüro Glaßer und Dagenbach, das den künftigen Moabiter Stadtgarten realisieren wird, kam auf die Idee einer Zwischennutzung bis zum eigentlichen Baubeginn des Parks: durch die Aussaat von sechs farbenfrohen Pflanzensamen auf der nach der gründlichen Beräumung des Geländes - das Bezirksamt hatte Wert gelegt auf eine gründliche Beseitigung aller Altlasten und Altlastenverdachtsfälle - soll eine bunte gestaltete Pflanzenwelt schon auf die künftige Gartennutzung hinweisen. Als Pflanzen werden Sorten eingesetzt, die zur Verbesserung des Bodens beitragen.
Hilfe bei der Gestaltung der Farbwelten auf dem Areal haben sich die Landschaftsplaner von Schüler/innen der benachbarten James-Krüss-Schule geholt. In einem Workshop haben die Kinder ihre Gestaltungsfantasien mit den sechs Farben der Blumen malerisch aufs Papier gebracht. Und wie sollte es bei den Moabiter Kids auch anders sein, die Zahl 21 - die Zahl, die für unseren Ortsteil Moabit steht - tauchte in vielen der Entwürfe der Schüler/innen auf und wird daher eins der Gestaltungselemente bei der Aussaat werden.

Jetzt suchen die Planer noch tatkräftige Unterstützung von weiteren Schulklassen und erwachsenen Helfern: Am 8. Mai 2009 ist Aussaat-Tag, Beginn voraussichtlich zwischen 10 und 11 Uhr, aber wer später dazu kommt, ist auch willkommen. Ebenfalls willkommen sind Erwachsene bzw. Eltern, die den Kindern bei der Aussaat - alle Arbeiten werden in Handarbeit durchgeführt - helfen.
Der Ankündigung dieser Zwischennutzung auf dem Gelände vorausgegangen waren die Vorstellungen des Grobkonzepts des voraussichtlichen künftigen Bewirtschafters des ehemaligen Güterschuppens auf dem Gelände, und die Entwurfsplanung für den Moabiter Stadtgarten durch das beauftrage Landschaftsplanungsbüro.
Der Verein Kunstrepublik e.V. ist der designierte Träger für die Bewirtschaftung des Gebäudes im künftigen Moabiter Stadtgarten. Der seit drei Jahren bestehende Verein organisiert temporäre künstlerische Zwischennutzungen im "Skulpturenpark Berlin Zentrum", einem Abschnitt des ehemaligen Mauerstreifens in Mitte an der Grenze zu Kreuzberg nahe dem Spittelmarkt, einige Eindrücke der Aktivitäten vermittelt die Website des Vereins.

Hauptbestandteil des Grobkonzepts für die künftige Gebäudenutzung ist das Betreiben von Ateliers und Künstlerwohnungen im zweigeschossigen Teil des stehen gebliebenen Gebäudeteils des ehemaligen Bahngebäudes. Insbesondere sollen internationale Künstler für eine begrenzte Zeit dort wohnen und arbeiten können, finanziert über international agierende Stiftungen und Universitäten, die die Künstler über Stipendien fördern. Neben der Atelier- und Wohnnutzung sind Probenräume, Studios und Werkstätten dort beabsichtigt. Der westliche eingeschossige Gebäudeteil soll zu einem Ort der Begegnung werden: eine kleine offene Küche - im Sommer auch auf dem Vorplatz zur Siemensstraße hin - laden ein zum Verweilen, aber auch Ausstellungen, Veranstaltungen und Konferenzen sind beabsichtigte Nutzungen. Auch lokale Moabiter Gruppen und Bürger können hier Mitnutzer der Räume werden, an einer Nutzung Interessierte nehmen am besten direkten Kontakt mit Kunstrepublik auf.

Dem Landschaftsplanentwurf (Blick vom Westen) des Büros Glaßer und Dagenbach für den Moabiter Stadtgarten war eine intensive Beteiligung von Akteuren und Bürger/innen vorausgegangen. Die Flächenfestlegung für eine Parknutzung war noch im Rahmen des mittlerweile aufgehobenen Sanierungsgebiets Beusselkiez erfolgt. Nach einer ersten Ideensammlung Ende 2007 fand im Oktober/November 2008 eine intensive Akteurs- und Bürgerinnenbeteiligung in Verbindung mit einem konkurrierendem Wettbewerb von drei Landschaftsplanungsbüros statt. So konnten Akteure und BürgerInnen direkt innerhalb des Wettbewerbsverfahrens der Landschaftsplaner Einfluss auf diese nehmen. Eine siebenköpfige Jury, der auch ein Bürgervertreter aus dem Quartiersrat Moabit West angehörte, kürte im Januar den Sieger. Allerdings machte die Jury auch dem Sieger noch weitere Überarbeitungen zur Auflage, nicht zuletzt durch die sehr konstruktiven Bürgeranregungen begründet.
Die größte Fläche des Moabiter Stadtgartens nimmt eine Obstbaumwiese auf der nördlichen Seite des Stadtgartens ein, etwa 30 bis 40 Obstbäume werden hier gepflanzt werden und können zukünftig von Moabiter BürgerInnen beerntet werden. Damit die künftige neue Straße, nördlich zwischen Stadtgarten und Bahnstrecke gelegen, die den Durchgangsverkehr von der Siemens- (und Quitzowstraße) aufnehmen soll, nicht mit ihrem Lärm den Park belastet, wird die Obstwiese zur Straße hin um 2,5 Meter aufgeschüttet und bildet so einen Lärmschutz, dies war eine starke Forderung aus der Bürgerbeteiligung gewesen.

Und der im Planungsvorfeld gewünschte Blick auf die BEHALA Anlagen im Westhafen wird von dem Wall aus auch noch besser. Die zweite Komponente neben der Obstbaumwiese, die großen Einfluss auf die neue Namensgebung "Moabiter Stadtgarten" gab, sind Gemeinschaftsgärten, die östlich des Gebäudes entstehen sollen. Hier sollen kleine Parzellen entstehen, die nicht als Kleingärten von Einzelpersonen, sondern gemeinsam von Kleingruppen bewirtschaftet werden, und so auch dem nachbarschaftlichen Austausch in dem öffentlichen Stadtgarten dienen. Westlich des Gebäudes wird es Bereiche zum Spielen für Groß und Klein geben. Der Kleinkinder-Spielbereich wird nahe einem Aufenthaltsbereich (mit gastronomischen Möglichkeiten durch den Gebäudebetreiber) untergebracht, für die "Großen" sind Großschachfelder und Boulefelder vorgesehen. Details der Spielbereichsplanung werden im Rahmen einer Kinderbeteiligung im Herbst 2009 als konkrete Anforderungen an die Landschaftsplaner entwickelt. Der Südteil des Moabiter Stadtgartens wird gestaltet durch einen großen Platzbereich südlich des Gebäudes einschließlich des gastronomisch zu nutzenden Teils. Dabei wird das verbliebene Kopfsteinpflaster zu einem großen Teil weiter verwendet werden, aber auch Rollstuhl und Kinderwagen gerechte großzügige Gehbereiche aus hellem, gelblichem Asphalt werden geschaffen, mehr als noch im Entwurf, der im November zur Diskussion stand. An den beiden Seiten sollen Baumhaine den Garten einfassen. An der Südseite - zum Wohngebiet und angrenzenden Park hin, wird der Haupteingang liegen. Der gesamte Garten wird umzäunt, damit er hundefrei bleibt. Die Siemensstraße, die zukünftig nur noch Erschließungsfunktionen haben wird, wenn die neue Straße entlang der Bahntrasse fertiggestellt ist, soll in diesem Bereich zum "verkehrsberuhigten Bereich" umgestaltet werden, bei der Vorstellung der Planungen Ende April forderten die BürgerInnen, den verkehrsberuhigten Bereich auf den Abschnitt von Union bis Emdener Straße gegenüber dem jetzigen Planungsstand zu vergrößern, dann wäre auch vor der James-Krüss-Schule die Siemensstraße verkehrsberuhigt. Eingefasst wird der Moabiter Stadtgarten durch Baumreihen auch an Ost und Westseite. Noch offen ist, wie viele der sehr alten Pappeln an der Siemensstraße stehen bleiben können oder wegen Gefährdung der Verkehrssicherheit aufgrund von Baumkrankheit durch neue Bäume ersetzt werden müssen.

Ein Baumgutachten zum Zustand der Bäume ist gerade fertig gestellt worden, muss aber noch von den Planern ausgewertet werden. Wünsche gab es auch zu den neu zu pflanzenden Bäumen: Auf die Schilderung, dass an der Westseite des Stadtgartens, wo demnächst ein Gastronomiegroßmarkt entstehen wird, rot blühende Kastanien (diese sind gegenüber den weiß blühenden wenig anfällig auf die Miniermotte) wurde angeregt, bei der Auswahl der Bäume auch im weiteren auf Farbenvielfalt zu achten und auch sich rot färbende Bäume vorzusehen. Bisher ist nur im südöstlichen Baumhain die Pflanzung einer Rotbuche vorgesehen. Baustadtrat Ephraim Gothe, der ebenfalls an der Veranstaltung Ende April teilnahm, sieht in dem entstehenden Moabiter Stadtgarten einen Ort, der zu einer Verbesserung des Images von Moabit nach innen und außen beiträgt. Zur Qualität der Planung haben die Moabiter BürgerInnen wie Akteure mit ihren konstruktiven Anregungen entscheidend beigetragen.
Kurzbericht von der Aussaat Aktion am 8. Mai:
Kinder der James-Krüss-Schule und der Kitas Sagaland und Swimmy sorgten am Vormittag des 8. Mai dafür, dass der Boden auf dem hinteren Teil des künftigen Moabiter Stadtgarten verbessert wird. Bei der Wahl der Pflanzen wurde neben dem Aspekt der Bodenverbesserung auf die Farbe der Blüten geachtet.
Landschaftsplaner Udo Dargenbach, der Idee für diese Aktion hatte, erläuterte den Kindern zunächst den Farbenplan, den er aus den zahlreichen Entwürfen von Kindern der Schule für die Fläche gemacht hat. Dann gings ans Aussäen und einharken der Samen. Alle hoffen auf genügend Niederschlag in der nächsten Zeit, damit die Saat auch gut angeht.
Mandy Adam bedankt sich auch auf diesem Weg bei allen beteilgten Kindern der Schule und der beiden Kitas ebenso wie bei allen freiwilligen Helfern der Bewohnerschaft, ohne deren Hilfe sie die 9000 Quadratmeter große Fläche nicht hätten beharken können.
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