"Empört Euch!"

„Empört Euch!“-  nun doch kein Außenbecken im Poststadionbad ...
... oder wie immer mehr Freiräume für die Bevölkerung schwinden.

Stéfan Hessel hat in seinem kleinen Buch mit dem Titel „Empört Euch“ aufgerufen Anteil zu nehmen und Widerstand zu leisten in Angelegenheiten, die offensichtlich falsch laufen. Der 1917 in Berlin geborene und mit seiner Familie 1924 nach Paris ausgewanderte ehemalige Diplomat hat in der französischen Resistance mit General de Gaulle gekämpft und bei den Vereinten Nationen an der Menschenrechtserklärung mitgewirkt. Mit 93 Jahren wendet er sich noch mal an die Menschen, um klar zu machen, dass nichts geschieht, wenn man nicht Widerstand leistet.

Doch was hat das mit unseren Sorgen in Moabit zu tun?

Vor einigen Jahren wurde das Freibad Poststadion wegen angeblich zu hoher Investitionskosten in die Außenbecken geschlossen. Danach wurde eine Liegewiese hinter dem Hallenbad eingerichtet, damit der Bürger nach dem Bad wieder in die Sonne konnte. Die restlichen Teile des Freibades wurden von der Stadt verkauft und werden in eine Wellness Oase mit dem Namen „Amala Spa“ umgebaut. Eine Oase  für eher zahlungskräftige Mitbürger.

Seit Jahren machen viele Bürger und Initiativen darauf aufmerksam, dass das öffentliche Freibad eine sehr wichtige Funktion im Leben der Bevölkerung in Moabit darstellt, die es sich häufig nicht leisten kann den Sommer am Meer zu verbringen und deswegen auf ein Freibad im Kiez angewiesen ist. Es gab Demonstrationen, Unterschriftensammlungen, das Werben für ein Naturschwimmbad und zahlreiche Aktionen um das Freibad zu retten, - alle samt vergeblich.

Der Bezirk Mitte hat deswegen eine kleine Lösung für ein neues Außenbecken des Poststadion Bades gesucht und mit jetzt vorhandenen Geldern aus dem Programm Stadtumbau West den Bau ein neues Außenbecken mit den Maßen 25 x 12 Meter geplant, das im Bereich der Sonnenwiese gebaut werden soll. Diese Lösung würde zwar das schöne Freibad nicht ersetzen aber wenigstens zum Teil einen Sommerbetrieb ermöglichen.

Diese Lösung wurde nun vom Aufsichtsrat der Bäderbetriebe schlicht abgelehnt.

Dem Gremium gehören an: der Staatssekretär Rainer-Maria Fritsch, der Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales, Senator Dr. Körting als Vorsitzender, Staatssekretärin Iris Spranger, Wolf-Dieter Wolf, Geschäftsführender Gesellschafter der Grundkonzept GmbH, Klaus Böger, Präsident des Landessportbundes Berlin e. V., Doro Zinke, DGB-Vorsitzende Bezirk Berlin-Brandenburg, und Günter Fasel, Personalratsvorsitzender der BBB.

Die Freiräume für die weniger betuchten Moabiter schwinden, denn es werden nicht nur Freibäder privatisiert, sondern auch Townhouses an Schlüsselorten auf ehemals öffentlichem Grund neben Sportanlagen in der Seydlitzstraße errichtet, Ballhäuser zu Botschaften, Baulücken mit Hostels und Hotels gefüllt, Schulen und andere öffentliche Gebäude freigezogen und an den Meistbietenden verkauft. Neue Stadtteile für eine wohlhabendere Bevölkerung entlang der Heide und Lehrter Straßen werden gerade geplant und bald auch gebaut.

Auch wenn man Veränderungen und einer dynamischen Entwicklung des Gebietes um den Hauptbahnhof positiv gegenübersteht, ist eines jedoch klar, die Richtung ist teurer, für weniger Menschen des alten Moabits mit mehr Zäunen, Mauern und Einkommensbarrieren.

Die Entwicklung der Stadt in dieser Richtung erfordert Ausgleich, die Balance muss gehalten werden zwischen den Bedürfnissen der Bevölkerung, der eingesessenen, wie der neuen, denn bekanntlich misst sich die Qualität einer Gesellschaft am Umgang mit den Schwachen.

Der Versuch des Bezirkes im Zusammenwirken mit der Bevölkerung für die schwindenden Freiräume einen Ausgleich zu schaffen, zum Beispiel mit dem Außenbecken im Poststadionbad wird jetzt mit einer arrogant anmutenden Geste seitens der Bäderbetriebe verhindert.

An dieser Stelle kommt nun Stéfan Hessel ins Spiel mit seiner Forderung sich zu empören, wenn etwas  gravierend falsch läuft.

Sein Buch schließt mit den Sätzen: „Neues schaffen heißt Widerstand leisten. Widerstand leisten heißt Neues schaffen.“

Viele haben Ihrer Empörung Ausdruck verliehen: www.moabitonline.de/7233.

An der Online Umfrage haben 173 Menschen teilgenommen. Fast alle halten das Außenbecken für sehr wichtig und sind sehr entsetzt sind über das Votum der Bäderbetriebe. Das Ergebnis der Umfrage und die 89 Wortbeiträge der Teilnehmer sind hier herunterzuladen.

Bei der Unterschriftensammlung der Quartiersräte Moabit-Ost und Moabit West, des Betroffenenrats Lehrter Straße und von BürSte sind mehr als 1.000 Unterschriften gesammelt worden. Welche Aktion zur Unterschriftenübergabe geplant wird, steht zur Zeit noch nicht fest, es wird weiter berichtet.

Zuerst erschienen in der LiesSte, Zeitung für den Stephankiez, Nr. 18 April 2011

Updates zum Außenbecken beim Flugblatt-Artikel "FREIBAD-ALARM !!!"

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