Durch Zäune sieht man einiges…

… aber eben nicht alles.

Deshalb wurde am 25. Juni 2014 eingeladen zur Baustellenbesichtigung in den derzeit in Arbeit befindlichen Bereich des Kleinen Tiergartens. Dieser Bereich ist das Herzstück der Planung von Willy Alverdes: Der Senkgarten und der Rosengarten. Schon von außen kann man sehen, dass sich viel getan hat. Vor allem ist aus dem zugewucherten bzw. zum Teil sogar bewusst zugepflanzten Senkgarten wieder ein offener Raum geworden. Die charakteristischen Fontanesien, Pflanzen, die nicht mehr im Handel erhältlich sind, dankten es schon mit vielen frischen Trieben.

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Sie haben buchstäblich "Luft zum Atmen", also Licht zum Wachsen, bekommen. Denn gerade sie waren dem Schattenwurf und der Konkurrenz anderer Büsche und Bäume ausgesetzt. Bei den Auslichtungsarbeiten wurden auch von Alverdes vorgesehene Büsche, wie zum Beispiel ein Ensemble aus Eiben, aufgefunden und freigestellt, um so den alten Eindruck wiederzuerhalten. Sie sind derzeit unter Schutznetzen verborgen. Selbst der denkmalpflegerische Gutachter war immer wieder überrascht, wie viel vom alten Bestand aus der Zeit von Alverdes noch vorhanden war – verborgen unter wildem Gestrüpp.

Das große Wasserbecken, dass als einziges wieder in Betrieb genommen werden soll, ist in Arbeit. Das neue Becken wird in das vorhandene eingebaut, um vor allem den heutigen Sicherheitsbestimmungen genügen zu können.

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Alle anderen Wasserspiele werden zwar baulich wiederhergestellt, ohne jedoch betriebsfähig sein zu können, da niemand für die nötigen Betriebskosten aufkommt. In einem aus Klinkern gemauerten runden Brunnenbecken, in dessen Boden früher ein großes Loch gestemmt worden war, um einen Busch dort hinein zu setzen, werden nach baulicher Wiederherstellung blau blühende Pflanzen gepflanzt werden – um wenigstens so an die ehemalige Funktion zu erinnern. Die dreibeinigen Brunnenschalen sind derzeit zur Restaurierung beim Stahlbauer. Sie werden Metallschalen nach den alten Vorbildern erhalten, um so dem alten Eindruck zu entsprechen. Parallel dazu werden alte Wasserleitungen entfernt und durch neue ersetzt.

Alle Plattenbeläge, die trotz Nachkriegszeit von erstaunlich guter Qualität sind, sind ausgebaut und warten auf ihren Wiedereinbau. Zuvor wurden jedoch die alten wassergebundenen Decken, die nicht mehr funktionsfähig und zum Teil völlig mit Gras und Moos durchwachsen waren, ausgebaut. Derzeit werden sie neu hergestellt. Ein Teil der alten Platten ist schon wieder nach den alten Plänen eingebaut.

Aber auch alle den Senkgarten begrenzenden Mauern – sie bestehen übrigens nicht, wie man annehmen könnte, aus Waschbeton, sondern aus Ziegelmauerwerk, das lediglich einen waschbetonartigen Verputz erhalten hatte – werden repariert, denn an vielen Stellen sind sie durch Wurzeln angehoben worden und gerissen. Starke Wurzeln erhaltungswürdiger Bäume sind auch der Grund, warum an einer Stelle vom ursprünglichen Plan abgewichen werden muss, nämlich im Bereich der westlichen Rampe in den Senkgarten. Die Rampe wird verlängert, um das für eine sichere Befahrbarkeit mit Rollstühlen nötige schwache Gefälle herstellen zu können.

Während im Rosengarten noch viel zu tun ist, ist die gegenüberliegende Sitzecke schon sehr weit wiederhergestellt. Auch hier wurden die alten, unbrauchbar gewordenen, wassergebundenen Decken ausgebaut und durch neues Material ersetzt. Die Begrenzungen aus den alten, hochkant gesetzten Klinkern sind in neuer Betonschulter wiederhergestellt und dieser Bereich wartet eigentlich nur noch auf die Deckschicht – und auf die Sitzbänke. Diese befinden sich derzeit in der Aufarbeitung, um ebenso wie im Bereich westlich der Stromstraße wieder eingebaut werden zu können.

Alles in allem macht die Baustelle einen erfreulichen Eindruck: Der Senkgarten wird, wenn er Endes dieses Jahres wieder eröffnet wird, sein altes, luftiges Aussehen wiedererhalten haben – im Sinne von Willy Alverdes. Und im Sinne vieler Moabiter, die sich erholen wollen und nicht den geringsten Wert auf einen "Stadtdschungel" legen. In den schon fertigen Abschnitten, vor allem im Ottopark, zeigt sich deutlich, dass die Moabiter diese Bereiche sehr gern annehmen. Dort ist übrigens vor kurzem eine Robinie, die von Baumdogmatikern "gerettet" worden war, wegen mangelnder Standsicherheit gefällt worden. Am Stumpf kann man dies sehr gut sehen, was sich dem aufmerksamen Beobachter aber schon am belaubten Baum erschlossen hatte. Jetzt steht der Stumpf dort dumm herum. Und jeder, der die Hintergründe nicht kennt, fragt sich, warum die den beim Bauen nicht ausgegraben haben.

Text und Fotos: Andreas Szagun

Nachtrag:
Die vorangegangene Bürgerbeteiligung und bisherige Diskussion zur Ostseite des Kleinen Tiergartens ist bei diesem MoabitOnline-Artikel nachzulesen. Das Projekt auf der Seite des Aktiven Stadtzentrums Turmstraße.

Der letzte Bauabschnitt startet am 14. Januar 2015 (Pressemitteilung Bezirksamt), die B.I. Silberahorn feiert Abschied mit Suppe und möchte das Regenschutzdach erhalten. Hier noch ein umfassender Kommentar der B.I. zu diesem Bauabschnitt.

Die Berliner Woche vereint beide Sichtweisen in einem Artikel.

Berliner Woche zum Antrag der Piraten (Drs. 1860/IV) die Sitzkiesel wirtschaftlich zu evaluieren.

B.I. Silberahorn zu den Abholzungen und Knut Pankrath zu den Sitzkieseln.

Anfrage und Antwort zu den Kosten der Umgestaltung im Abgeordnetenhaus (Februar 2015).

Weitere Nachträge in den Kommentaren unter dem aktuellen MoabitOnline-Artikel zur Eröffnung des 6. Bauabschnitts.

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