Der Washingtonplatz

Ein Provisorium wird neugestaltet – und es entsteht: wieder ein Provisorium!

Gemeinsam luden Vivico und Senatsverwaltung (Pressemitteilung) am 7. April zur Pressekonferenz in die Spielhalle der etwas edleren Art "Play Berlin" südlich des Hauptbahnhofs. Der reichlich erschienenen Hauptstadtpresse wurden die Pläne für die Neugestaltung des Washingtonplatzes vorgestellt.

Blick von Rahel-Hirsch- / Ecke Ella-Trebe-Straße

Warum es eigentlich so lange – immerhin wurde der Bahnhof vor 4 Jahren eröffnet – gedauert hat, bis Senat und Vivico einen städtebaulichen Vertrag über die Gestaltung des südlichen Vorplatzes unterschreiben konnten, liegt am Prinzip Hoffnung, mit dem beide Parteien die Grundstücksentwicklung angegangen sind und immer noch angehen. Der Kubus, das 42,5 x 42,5 x 42,5 Meter hohe, breite und lange gläserne Würfelgebäude, auf dem Platz sollte eigentlich schon längst gebaut werden und bis Ende 2010 fertig werden (laut Tagesspiegel Dez. 2007). Er soll voraussichtlich immer noch gebaut werden. Nur wann, das kann keiner voraussagen. Und wer dort einziehen soll schon gar nicht, nachdem vor knapp zwei Jahren die Deutsche Bahn sich entschieden hatte, nicht vom Potsdamer Platz umzuziehen.

Prinzip Hoffnung: Entwurf des Kubus (2007, 3XN Architekten)

Henrik Thomsen von der Vivico, der das Grundstück auf dem ansonsten öffentlichen Platz gehört, kommt fast ins Schwärmen. Der Kubus sei die attraktivste Adresse, das attraktivste Gebäude, das Berlin überhaupt zu bieten habe, nur gäbe es leider gerade kein Unternehmen, das sich so prominent platzieren wolle. Deshalb kommen Reisende trotz landschaftsplanerischem Wettbewerb, der schon 1999 mit der Entscheidung für den Entwurf von Martha Schwarz und Gabriele Kiefer geendet hatte, seit vier Jahren auf einer fast drei Fußballfelder großen unwirtlichen Asphaltfläche in der Hauptstadt an. Und Senatsbaudirektorin Regula Lüscher stellt klar, dass der Stadt jetzt "der Geduldsfaden gerissen" sei.

Der städtebauliche Vertrag zur Neugestaltung legt fest, dass von den insgesamt 3,5 Millionen Euro, die die Umgestaltung kostet, die Vivico 2,02 Millionen übernimmt. Da es sich um einen Teil der Entwicklungsmaßnahme Hauptstadt handelt, übernimmt der Bund 64% der restlichen 1,48 Millionen Euro, Berlin demnach 36%. Dafür gibt's aber nichts besonders spektakuläres, keine Brunnenanlage, kein Denkmal oder was sonst noch für kleingeistige Visionen auftauchen könnten. Nichts soll vom Panorama des Regierungsviertels im Spreebogen ablenken.

Animation Provisorium und Hoffnung, clicken für Perspektivansicht (Vivico, Schwartz/Kiefer)

Der Platz an sich wird nicht groß geändert. Es werden schlesische Granitplatten verlegt, die den Asphalt ersetzen. Die Plateaufläche mit den vorhandenen Stufen bleibt erhalten und wird sparsam mit Natursteinsitzgelegenheiten möbliert. Rundherum und als Verbindung ins zukünftige "Lehrter Stadtquartier" werden Gehwege aus Charlottenburger Platten und Kleinsteinpflaster angelegt. Rausreißen soll das ganze der Baumhain entlang der Ella-Trebe-Straße. Hier werden in drei Feldern 50 Schnurbäume gepflanzt. Aber halt. Zunächst gibt es nur 10 bis 12 Bäume für das nördlichste der drei Felder. Die anderen beiden werden mit Rasen eingesät.

Das ist das nächste Provisorium, das nach etwa einem Jahr Bauzeit (Baubeginn Juli/August 2010) im Sommer 2011 eröffnet werden soll. Denn unter diesem ganzen Platzbereich ist die Tiefgarage des Kubus geplant. Die Vivico hat jetzt bis zum 31.12.2013 Zeit mit dem Bau des Kubus zu beginnen. Sollte sich auch bis dahin noch kein Unternehmen gefunden haben, dass den "attraktivsten Platz in Berlin" besetzen will, dann wird der Washingtonplatz mit allen 50 Bäumen fertiggestellt, was immer noch nicht heißt, dass der Kubus dann gar nicht mehr kommen kann, sondern nur, dass die Vivico danach alles auf eigene Kosten zerstören und wieder neu bauen muss.

Andreas Westendorf vom Büro Kiefer erläuterte die "Weiterentwicklung" des ursprünglichen Entwurfs als Transitraum, aber auch als repräsentativer Eingangsplatz. Die hohe Beleuchtungssäule wird erhalten bleiben. Und bis der Kubus gebaut wird auch der Vivico-Pavillon mit der Play-Lounge.

Die Journalisten wollten allerdings in der Hauptsache eine Antwort auf die Frage, wieviele und welche Hotels denn noch im Lehrter Stadtquartier (westlich Washingtonplatz) gebaut werden. Vier Blöcke sind hier für drei Hotels und ein Kongresszentrum vorgesehen. Aber da konnte man Henrik Thomsen nichts Konkretes entlocken. Ein 5-Sterne-Hotel sieht er im Moment nicht und auch keinen aktuellen Bedarf an einem Kongresszentrum, aber für das 4- und das 3-Sterne-Hotel ist er durchaus guter Hoffnung. Es wird also wohl noch eine ganze Weile dauern, ehe Tourist_innen und Berliner_innen die Außengastronomie im lichten Schatten der Schnurbäume genießen können.

Fotos und Gestaltung: Jürgen Schwenzel

Nachtrag

: Der Hauptbahnhof zwischen Europa- und Washingtonplatz (zeitonline)

Kunstwerk enthüllt (Tagesspiegel).

Im Tagesspiegel, der Bau des vor 10 Jahren geplanten Galskubus auf dem Washingtonplatz soll 2016 starten. Und kurz danach hat die CA Immo den Cube auch schon verkauft (Berliner Morgenpost).

Richtfest des Cube (Pressemitteilung Senat).

Cube is fertig und komplett vermietet (Berliner Zeitung).

Read more

"Mut und Widerstand" - Projektjahr zum 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Das vergangene Jahr 2024 wurde anlässlich des 100. Geburtstags von Selma Meerbaum-Eisinger mit vielen ganz unterschiedlichen Veranstaltungen zum Meerbaum-Jahr.  2025 schaut die evangelische Kirchengemeinde Tiergarten mit der Veranstaltungsreihe "Mut und Widerstand", was es heute heißen kann, gegenüber Rechtsextremismus und Antisemitismus Zivilcourage zu zeigen. Vorbild ist der Theologe Dietrich

By Susanne Torka