Dem Morgenrot entgegen ...
... das SPD Bürgerforum Moabit bläst zum Eingriff
Der 1. Februar anno 2010 wird einigen Moabiter_innen als der denkwürdige Tag im Gedächtnis bleiben, an dem "die alte Tante" SPD ihr Ohr wieder einmal dem einfachen Volk zuwandte. Selbst das vielbeschriene "Proletariat" hatte sich zu dieser Veranstaltung ins Rathaus Tiergarten aufgemacht, mithin jene Volksgruppe, aus der die SPD als Arbeiterpartei zwar einmal hervorgegangen ist, von der sie aber mittlerweile Lichtjahre entfernt zu sein scheint. Irgend jemand in der Partei scheint sich nun nach dem unverdrängbaren letzten Wahldesaster erinnert zu haben: Da war doch noch was?! Oder wer?

Jedenfalls stellten sich MdB Dr. Eva Högl und (als Ersatzmann für die verhinderte Jutta Leder) Thomas Isenberg, zuständiger Abgeordneter für den südlichen Moabiter Wahlkreis und als Moderator Thorsten Lüthke von der Moabiter SPD dem angereisten Publikum aus Ost und West - Moabit versteht sich.
Ausnahmsweise mussten sich die Versammelten im BVV-Saal diesmal keine wohlfeilen Politiker_innen-Reden anhören, sondern das Volk durfte stundenlang fast pausenlos reden und ihm wurde aufs schnoddrige Maul geschaut. Dabei hätte allen in dieser kalten Jahreszeit doch etwas heiße Luft so gut getan! ;-)
Aber im Ernst: es kamen eine Menge Themen zur Sprache, angefangen von der geplanten HAMBERGER-Größenwahnhalle, pardon, neuen Großmarkthalle in der Siemensstraße, über die soziale Situation des (Neudeutsch) "Prekariats", noch immer gültige Nazigesetze zur Verhinderung von Geschäftsneugründungen (Meistergesetz), ausgeleierte Steuerzahler_innen-Taschen, Ausverkauf von öffentlichem Vermögen, aggressive Investoren, Moabiter Kultursteppe, überfüllte Schulklassen, mangelnde Mittel für Grundschulen, Schulgarten, fehlende Integrationskonzepte auf Gegenseitigkeit (offenbar war niemand mit sog. Migrationshintergrund auf der Versammlung!), Markthallen-Miesere, radioaktive Gaslaternen - umzurüsten auf sparsame LEDs, leerstandsfördernde Gewerbemietverlangen, bis zum verplanten Lehrter Straßen Mittelbereich / Heidestraße und das Versagen des SPD-Baustadtrats Gothe in Sachen echte Bürger_innen-Beteiligung in Moabit West und Ost.

Eine realsatirische Einlage lieferte ein arbeitender Mensch, der sich nach langem Zögern entschieden hatte, in die Fußstapfen seines Onkels zu treten, der 50 Jahre in der SPD war. Er versuchte wohl vier Monate vergeblich dem rougen Wahlverein beizutreten und gab dann frustriert auf, weil der Kontakt partout nicht mit seiner Schichtarbeit in Einklang zu bringen war. Auch das verrät Einiges über die Nähe der heutigen Sozialdemokraten zur arbeitenden Bevölkerung.
Nachdem sich alle Redewilligen das Jeweilige von Leber oder Galle geredet hatten - das Podium schrieb eifrig mit (versprochenerweise zeitnah auf der SPD homepage für Moabit zu finden) - wurde seitens der Gewählten Besserung gelobt und der Wille kundgetan, sich mit Macht für die Bedürfnisse des Volks ins Zeug zu legen. Den Anwesenden wurde ganz warm ums Herz. Hoffentlich war es nicht nur wieder heiße Luft!
Zum Nachfönen wird Eva Högl
Freitag | 12. Februar ab 16 Uhr zur Bürger_innen-Sprechstunde im Wahlkreisbüro, Müllerstraße 163, 13353 Berlin, sowie
Donnerstag | 18. Februar ab 17:30 Uhr zur Bürger_innen-Sprechstunde mit der 6. Abteilung - Vor-Ort-Büro QM Moabit West, Rostocker Straße 3, 10553 Berlin ansprechbar sein, laut Eva Högls Webseite.am Donnerstag | 18. Februar 17:30 - 19:00 Uhr
im Stephankiezladen von BürSte e.V., Stephanstraße 26, Bürger_innen-Sprechstunde. (Bitte noch einmal Nachfragen, ob dieser Termin stattfindet, es scheint weiterhin Verwirrung zu geben.)im B-Laden, Lehrter Straße 27-30, 10557 Berlin (weil die anderen Orte bereits belegt waren, ist der B-Laden kurzfristig eingesprungen).
Hier kann mensch Vergessenes abgeben oder für Anderes ein geneigtes Ohr finden, wer nicht zum Bürgerforum kommen konnte. Eva Högl's Motto ist "Mit Herz für Mitte" - also schütten Sie ihr Herz aus! Ein Meckerzettel wird noch als Postkartenaktion verteilt.
Text und Fotos: Ralf G. Landmesser