"Das ist Baumquälerei"

Angelika Adner zur Neugestaltung des Ottoparks

Über die Neugestaltung des Ottoparks / Kleiner Tiergarten wurde in den letzten Jahren viel diskutiert. Angelika Adner ist eine der fünf gewählten Sprecherinnen und Sprecher

n

der Stadtteilvertretung Turmstraße, Grün-Expertin und hat sich lange mit dem Thema auseinandergesetzt.

Frau Adner, können Sie noch einmal kurz die Vorgeschichte der Konflikte um den Ottopark schildern?

Es gab ja im Vorfeld mehrere Planungswerkstätten, öffentliche Bürgerveranstaltungen und Diskussionen. Die Stadtteilvertretung und ihre AG Grün hat sich sehr intensiv mit den Planungen auseinander gesetzt - auch mit den Bäumen im Park. Fällungen wurden für sinnvoll erachtet, wenn z.B. ein Baum altersschwach ist oder Bäume zu dicht stehen, aber nicht, wenn sie z.B. nur einer Sichtachse zum Opfer fallen sollten. Bis dahin war die Diskussion immer sehr sachbezogen. Bei etlichen Rundgängen durch den Park mit Planern und Baumgutachtern wurde die Situation genau untersucht. Die Stadtteilvertretung begrüßte die Neugestaltungspläne von Latz+Partner, sah aber noch Diskussionsbedarf bei 25 Bäumen, die gefällt werden sollten. Darauf gingen die Planer auch ein: 16 dieser Bäume werden nun erhalten, weitere 4 werden umgepflanzt. Die Stadtteilvertretung beschloss daraufhin Ende Juni mit Zweidrittelmehrheit ihre Zustimmung zur Planung.

Der Bezirk und insbesondere das Planungsbüro haben diesen Prozess sehr ernst genommen. Die eingearbeiteten Vorschläge aus den Planungswerkstätten wurden aber nur noch kurz vorgestellt. Es blieb keine Zeit mehr, das Ergebnis zu diskutieren und gegebenenfalls noch Korrekturen vorzunehmen. Aus meiner Sicht sind daraus die späteren Konflikte entstanden.

Im Frühjahr gründeten einige Anwohner die Bürgerinitiative „Silberahorn“, die eine Kampagne gegen die Fällungen organisierte. Im Sommer entstand eine weitere Initiative, die sich die Forderungen der BI Silberahorn zu eigen machte. Darüber hinaus wurden im Kleinen Tiergarten und im Ottopark viele anonyme Plakate geklebt, die teilweise völlig falsche Informationen verbreiteten. Die hatten aber nichts mit der Unterschriftensammlung gegen die Baumfällungen zu tun. Das sollte man schon auseinander halten

.

Sie sind langjährige Anwohnerin, auch als Grün-Expertin stimmen Sie den Planungen zu. Warum?

Man tut dem Park keinen Gefallen, wenn man ihn weiter zuwuchern lässt. Hier ist so viele Jahre nichts getan worden, es gibt einen enormen Wildwuchs. Die Bäume und Sträucher stehen teilweise wie Spargelstangen nebeneinander und nehmen sich gegenseitig Licht, Nährstoffeund Wasser weg. Ein großer Baum braucht ca. hundert Quadratmeter Fläche - im Ottopark habenviele Bäume derzeit nur etwa zehn Quadratmeter Platz. Das ist Baumquälerei.

Die meisten Anwohner wollen mehr Licht und Sonne, weniger Dickicht. Das soll ja kein Wald oder Forst sein, sondern ein Park mit Aufenthaltsqualität.  Dort braucht man ein ausgewogenes Verhältnis von Licht und Schatten. In heißen Sommern sucht man eher schattige Laubdächer, aber im Frühjahr und Herbst braucht man Licht. Derzeitsind der Kleine Tiergarten und der Ottopark zu 67% baumüberstanden, nach der Neugestaltung werden es 58% sein. Eigentlich ist das immer noch zu viel.

Ein guter Park braucht zudem eine harmonische Vielfalt: Blühende Sträucher, Blumen, Bäume, Liegewiesen. Doch unter einer dichten Baumdecke gedeiht nichts anderes mehr.

Bei der Neugestaltung des Ottoparks geht es auch darum, den Park wieder vielen unterschiedlichen Nutzern zugänglich zu machen. Bislang meiden viele Anwohner den Park, auch die dortige Trinkerszene stört viele. Wie sehen Sie die Perspektiven?

Es war ein kluger Ansatz unterschiedliche Nutzungsbereiche zu schaffen: für Familien mit Kindern, für Ältere, ein Areal für Jugendliche. Gerade für die Jugendlichen gibt es ja sonst kaum freie Aufenthaltsräume hier in Moabit.

Auch die Trinker sollen nicht vertrieben werden, man verlagert damit doch nur Probleme - und sie gehören nun einmal auch zu dem Kiez und müssen ja irgendwo bleiben dürfen. Problematisch sind nur manchmal ihre Hunde: Wenn ihre Besitzer allmählich die Kontrolle verlieren, werden die Tiere nervös.

Generell geht es darum, dass sich Besucher des Parks wieder sicher fühlen und dass die Anwohner sich den Park als zentrale Grünfläche im Gebiet wieder aneignen. Es gibt hier so viel Platz für alle.

Die Neugestaltung wird in den nächsten Jahren fortgesetzt. Was ist aus der Sicht der Stadtteilvertretung wünschenswert?

Wir sehen ein großes Problem darin, dass jetzt viel Mühe und erhebliche öffentliche Fördergelder in die Neugestaltung investiert werden, aber der Bezirk auch künftig wenig Mittel für die Instandhaltung und Pflege haben wird. Wir müssen deshalb gemeinsam dafür sorgen, dass der neue Park auch gepflegt wird. Möglichst mit viel Bürgerbeteiligung und Sponsoren.

Mein ganz persönlicher Traum wäre ein orientalischer Garten im östlichen Kleinen Tiergarten mit einem Brunnen oder Wasserspielen. Die Instandhaltung und Pflege erforderte aber Sponsoren.

Interview: Ulrike Steglich, Foto: Christoph Eckelt

Zuerst erschienen in: ecke turmstraße, Nr. 6, Oktober/November 2011

Liebe MoabitOnline-Leser: bitte sendet hier nur Kommentare direkt zum Interview. Die weitere Diskussion zur Umgestaltung von Ottopark und Kleinem Tiergarten kommentiert bitte weiter bei dem MoabitOnline-Artikel "Welche Bäume sollen gefällt werden und warum?".

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