Berliner Stadtmission: Diakonie-Bauvorhaben abgesagt

Der Bau des "Evangelischen Zentrums für Entwicklung und Diakonie" von Diakonischem Werk und Evangelischem Entwicklungsdienst (EED) auf dem Gelände der Berliner Stadtmission ist abgesagt. Dies gaben am 4.11.2010 die Vorstände der beteiligten Organisationen in einer gemeinsamen Presseerklärung bekannt. "Die engen zeitlichen Erfordernisse sind nach unserer Einschätzung in der Lehrter Straße nicht realistisch umzusetzen" erkärte dazu der Vorstand des Diakonischen Werks, Vizepräsident Dr. Wolfgang Teske. Diakonie und EED halten aber am Zeitplan der Fusion der beiden Werke der Evangelischen Kirche Deutschlands fest. Die Fusion des früher unabhängigen Werks "Brot für die Welt" in die Diakonie ist zwischenzeitlich erfolgt. Die Mitarbeiter der bisher in Stuttgart, Bonn und Berlin ansässigen Organisationen mit aktuell 640 Beschäftigten sollten nach den bisherigen Plänen in einem Büroneubau samt Tagungszentrum  auf dem Gelände der Berliner Stadtmission untergebracht werden. Wegen aufgetretener Schwierigkeiten hatte die Diakonie zwischenzeitlich nach Alternativen gesucht. Diakonie-Vizepräsident Teske und Tilman Henke, Vorstand des EED geben sich zuversichtlich, am Berliner Immobilienmarkt zeitnah Alternativen für das Projekt zu finden, die die fristgerechte Fertigstellung des "Evangelischem Zentrums" gewährleisten. Unter Mitarbeitern der Kirchenwerke kreisen Gerüchte zu einem Standort im Ortsteil Mitte.

Teil des "Zentrum am Hauptbahnhof", rechts die ehemaligen Seniorenwohnhäsuer

Schon bevor die Unterbringung der evangelischen Werke auf dem Stadtmissionsgelände aufkam, hatte die Stadtmission eigene Überlegungen ihres "Zentrums am Hauptbahnhof"  in Hinsicht auf  Erweiterungsbauten mit einem Tagungszentrum für Kongresse in räumlichem Zusammenhang mit dem bisherigen Veranstaltungssaal sowie eine mögliche Aufstockung der Bettenkapazität der Hostels/Gästehäuser und den Bau einer größeren Kapelle erwogen.

Stadtmissionsdirektor Pfarrer Hans-Georg Filker ist enttäuscht, dass das gemeinsame Projekt mit Diakonie und EED  nicht zustande kommt. Doch das Vorhaben der Berliner Stadtmission das "Zentrum am Hauptbahnhof" zu einem "kirchlichen Tagungszentrum mit passenden Nutzern" weiter zu entwickeln, wollen Filker und Stadtmissionsgeschäftsführer Martin Zwick weiter verfolgen. Und auch das Entmietungsverfahren der Wohnhäuser Lehrter Straße 67 und Seydlitzstraße 21/22 wird fortgesetzt, teilte Zwick  dem Betroffenenrat Lehrter Straße auf Nachfrage mit, wenn auch die Stadtmission für die Weiterentwicklung ihrer Planungen "erst mal eine Atempause braucht".

Die Berliner Stadtmission hatte das Eckhaus Lehrter Straße/Seydlitzstraße, ein früheres bezirkliches Seniorenwohnhaus, Anfang 2008 vom Liegenschaftsfonds gekauft - aus den Bewohnern eines Seniorenwohnhauses waren ganz normale Mieter geworden. Schon im Sommer 2008 wurde auch über den Abriss und Neubau des Eckgebäudes spekuliert. Im Oktober 2008 bestätigte das damals noch eigenständige "Brot für die Welt" gegenüber MoabitOnline, dass für die Realisierung des "Zentrums für Entwicklung und Diakonie" die ehemalige Seniorenwohnanlage abgerissen werden soll, die bisherigen Bewohner sollten aber demnach auf dem Gelände der Stadtmission neugebaute Ersatz-Seniorenwohnungen bekommen.  Die Stadtmission selber bestätigte die Notwendigkeit des Abrisses der Eckgebäude für das Neubauvorhaben erst Ende Januar 2010 in einer Mieterversammlung sowie im Februar 2010 bei einer Sitzung des Betroffenenrats. Von Wohnungsneubauten für die Seniorinnen und Senioren im Rahmen des Projekts war da nicht mehr die Rede. Bis Ende 2010 sollte nach den Planungen der Stadtmission die Wohnanlage entmietet werden, etwa 55 Mieter waren hiervon betroffen.

Objekt der Begierde: die Lehrter Straße 69a

Aktuell wohnen dort noch - so berichten noch verbliebene Mieter -  etwa 15 bis 18 der Altmieter, die noch keine neue Wohnung gefunden haben. Und Unzufriedenheit über unzureichende Unterstützung bei der Suche nach adäquaten und preislich leistbaren Wohnungen ist weiterhin zu vernehmen, auch wenn das Bezirksamt Mitte ein Sozialplanverfahren zur Unterstützung der Senioren bei der Suche nach Umsetzungswohnungen auf Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung eingeleitet hatte. Insbesondere in die Lehrter Straße 69a, ein von der WBM verwaltetes Wohnhaus direkt neben dem Stadtmissionsgrundstück, versucht die Stadtmission die Altmieter umzusetzen. Seit vielen Monaten verhandelt die Stadtmission mit dem Bezirksamt, dem das Haus gehört, wegen eines Kaufs dieser Immobilie.  Im Eckhaus Lehrter-/Seydlitzstraße leergezogene Wohnungen vermietet die Stadtmission derweil für begrenzte Zeit neu: Mietverträge bis zum August 2011 mit  jungen Leuten, die bei der Stadtmission ihr freiwilliges soziales Jahr machen, sind abgeschlossen worden. Altmieter beklagen nicht zu wissen, wer denn jetzt wirklich ins Haus gehöre, selbst im Keller würden sich Leute aufhalten.

Nachtrag vom 10.11.10

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In der heutigen Berliner Woche wird im Artikel von Karolina Wrobel zur Stadtmission berichtet, dass Stadtrat Gothe als eine gute Geste auf eine Entschädigung für die Seniorinnen und Senioren hofft, die grundlos ausziehen mussten. Auch das Bezirksamt könnte auf den 5000 Euro für die Kosten der Mieterberatung sitzenbleiben.

Schriftliche Beantwortung der Großen Anfrage DS 1842/III zu den Mietern, Umsetzungen und dem Auftrag der Mieterberatung ASUM imAllris-Sytem der BVV unter diesem Link (bitte auf “Schriftliche Beantwortung” klicken, dann öffnet sich das pdf). In den Anlagen findet sich unter anderem die Aussage, dass die Wohnungen in der Lehrter Straße 69 A, in die viele Senioren umgesetzt wurden, zu einem Quadratmeter-Preis von 6,35 Euro nettokalt vermietet werden und damit oberhalb des Mietspiegels.

Nachtrag Januar 2011

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In der Berliner Woche vom 12.1.11 findet sich ein Bericht "Nordbahnhof statt Hauptbahnhof" mit einem Architekturbild des geplanten Evangelischen Werkes (Infos zum Architekturwettbewerb bei Competition Line) und am Schluss die Aussage, dass die Stadtmission weiter entmietet und abreißen will, obwohl es noch keine konkreten Baupläne gäbe. Die Wohnungen sollen zwischengenutzt werden, möglicherweise für Flüchtlinge.

Nachtrag vom Februar 2011

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Viele der Senioren sind in die Lehrter Straße 69 A umgesetzt worden.  Zum Jahreswechsel wurde die Verwaltung des bezirkseigenen Mietshauses an die Berliner Stadtmission abgegeben. Seit dem können die Senioren ihren Gemeinschaftsraum nicht mehr nutzen. Sie mussten ihre Schlüssel abgeben. Die Berliner Woche fragt: Wo bleibt die Nächstenliebe? Zu deiesem Thema gibt es auch eine mündliche Anfrage (Drs. 2031/III) in der BVV am 17.2.2011.

Hier auch noch der Link zu der Vorlage zur Kenntnisnahme der Drs. 1860/III vom Nov. 2010 zur Entmietung. In der Anlage ein Brief der Stadtmission (siehe Kommentar 33). Auch das MieterMagazin berichtete in der Ausgabe Jan./Feb. 2011.

Nachtraag vom März 2011

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In der Berliner Woche vom 9.3.11 wird nach der Situation der noch nicht umgesetzten 16 Mietparteien gefragt.

Nachtrag vom November 2011:


Die Berliner Woche vom 9.11.11 berichtet über das neue Projekt im ehemaligen Seniorenhaus.

Nachtrag 2012

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Der Tagesspiegel berichtet, ein 73jähriger Bewohner wurde tot im Gebüsch gefunden.

Im MieterMagazin von März 2012 ist wieder ein Artikel erschienen. Und die Fraktion von Bü 90/Grüne stellt eine große Anfrage zu den Konflikten (Drs. 0305/IV).

Nachtrag 2013

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Ein Artikel über die Notunterkunft in der Berliner Woche und eine Reportage über den Kältebus in der Berliner Zeitung.

Artikel in der BZ-Reihe Berliner Helden zum Überfall auf das Café InneHalt der Stadtmission.

Letzte Woche am 14.3.13 wurde der neue Sitz des Evangelischen Werks für Diakonie und Entwicklung am Nordbahnhof eingeweiht (Webseite der Architekten KSP Jürgen Engel, Bericht mit Bildern von Einweihung und Gottesdienst von der Diakonie, von Brot für die Welt und aktuell evangelisch). Mittes Bürgermeister Hanke war auch dabei. Ein Glück, dass das Gebäude nicht an der Lehrter / Ecke Seydlitzstraße steht.

Nachträge ab 2014:
Die Berliner Woche portraitiert Schwester Inge, die gute Seele des Cafe Innehalt.

Die Berliner Woche über die Kooperation des Upcycling-Projektes "Water to Wine" der Berliner Stadtmission mit Alba.

Masterstudiengang Liegenschaftsverwaltung der HTW hat das Zentrum am Hauptbahnhof untersucht (Berliner Woche) und Vorschläge gemacht für besseren Brandschutz, Energiesparen, Mülltrennung usw.

Gregor Gysi in der Notübernachtung (Berliner Kurier).

Ehrenamtlich aus Wannsee schneidet Haare (Tagesspiegel).

Neues Projekt der Stadtmission am Hauptbahnhof: MutMacher.

Interview mit Pfarrer Lenz (B.Z.)

Spende für die Stadtmission (Tagesspiegel)

Neue Räume für die Bahnhofsmission am Bahnhof Zoo (Tagesspiegel).

Weihnachtsessen für Obdachlose (Berliner Woche). Eine 81jährige vom Kleinen Wannsee unermüdlich freiwillig unterwegs für Obdachlose und Geflüchtete bei der Stadtmission, in der Heilandskirche, beim Warmen Otto (Berliner Woche).

"Oper für Obdach": am 10. März 2017 sang Bariton Christoph von Weitzel im Hauptbahnhof aus der "Winterreise" (Berliner Woche).

Winter 2016/2017 keine Kälteopfer. Bilanz der Berliner Stadtmission (Berliner Woche).

Am 9. Mai 2017 informierte Martin Zwick, Vorstand der Berliner Stadtmission, bei einer Sitzung des Betroffenenrats über Pläne der Berliner Stadtmission, zu einem Masterplan für den Ausbau des Stadtmission-Areals an Lehrter- und Seydlitzstraße mit einem „Stadtteilzentrum“.

Beim Stadtentwicklungsausschuss der BVV-Mitte am 28. Juni 2017 stellten Martin Zwick, Vorstand der Berliner Stadtmission und Prof. Matthias Sauerbruch, Architekturbüro Sauerbruch Hutton, den vom Architekturbüro im Auftrag der Stadtmission entwickelten Masterplan vor, der sich auf einen Zeitraum von ca. 40 Jahren beziehen soll. Der Gesamtausbau sieht eine mehr als verdoppelte Baumasse des Geländes vor. Die erste Stufe sehe Abrissvorhaben Seydlitzstr. 21 und (Abriss Seydlitzstr. 22 in 2. Stufe) und Neubau inkl. eines Stadtteilzentrums sowie eines Konferenz- und Veranstaltungszentrums vor.  Der vorgestellte Masterplan (PDF, 22MB)

Verletzte beim Einsturz eines Baugerüsts bei Erweiterungsanbauten (rbb).

Nachträge ab 2018:
Das wäre jetzt zwar einen neuen Artikel wert, aber der muss noch geschrieben werden (siehe unten).

Am 27. März 2018 fasste das Bezirksamt Mitte einen Beschluss der Bezirksamtsvorlage Nr. 379/2018 »Stadtteilzentrum „Bildungs-und Kulturbrücke“ Lehrter Str./Seydlitzstr.« in Kooperation mit dem Verein für Berliner Stadtmission am Standort Seydlitzstr. 21. Die BA-Vorlage zum Download besteht aus drei PDF-Dateien, dem Beschluss BA-Vorlage 379/2018, der Anlage 1 mit dem Finanzplan mit dem Finanzplan, und der Anlage 3 mit Präsentationsfolien zum Konzept.

Artikel dazu in der Berliner Woche am 15. April 2018.

Architekturwettbewerb zum Neubau und B-Plan zu der baulichen Verdichtung (Juli 2019).

Allgemeine Kommentare zur Berliner Stadtmission jetzt bitte unter dem neuesten Artikel zum Bauvorhaben mit Verdichtung des ZAH (Zentrum am Hauptbahnhof).

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"Mut und Widerstand" - Projektjahr zum 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Das vergangene Jahr 2024 wurde anlässlich des 100. Geburtstags von Selma Meerbaum-Eisinger mit vielen ganz unterschiedlichen Veranstaltungen zum Meerbaum-Jahr.  2025 schaut die evangelische Kirchengemeinde Tiergarten mit der Veranstaltungsreihe "Mut und Widerstand", was es heute heißen kann, gegenüber Rechtsextremismus und Antisemitismus Zivilcourage zu zeigen. Vorbild ist der Theologe Dietrich

By Susanne Torka