B-Plan Entwurf mit "höherwertigem Wohnraum"

Die Rathenower Straße 16 soll abgerissen werden

Über Überlegungen, das landes­eigene Grundstück Rathenower Straße 16 eventuell leerzuziehen und abzureissen, berichtete Susanne Torka vor knapp einem Jahr und stellte als Frage in den Raum "Wieder Filetgrundstücke am Park?" Jetzt gibt es eine Antwort vom Stadtplanungsamt Mitte in Form eines Bebauungs­plan­vor­entwurfs, der das vorhandene Planungsrecht aus dem Jahr 1975 einer Gemein­bedarfsfläche Jugend­zen­trum (Jugend­freizeit­heim, Jugend­wohn­heim, Kinderwohnheim und Kindertagesstätte) aufheben und neues Baurecht (Misch- und/oder Wohngebiet) schaffen soll.

Auf dem Grundstück soll an den beiden Seiten höherwertiger Wohnraum, in der Mitte eine breite Eingangsfläche von der Rathenower Straße zum Fritz-Schloß-Park entstehen. Die vorhandenen Gebäude und baulichen Anlagen sollen dafür abgerissen werden. Dies ist der Erläuterung zum Vorentwurf des seit dem 11. Juli 2011 öffentlich ausliegenden Bebauungsplans II-91-1 zu entnehmen. Noch bis einschließlich 5. August 2011 läuft die "Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung gemäß § 3 Abs. 1 BauGB" zum Bebau­ungs­plan­vorentwurf.

"Neue Bebauung soll im Plangebiet in Form von Wohnbebauung erfolgen, die eine sinnvolle Ergänzung des örtlichen Wohnungsangebotes darstellt. Das bedeutet, dass der Wohnungsbestand nicht einfach mit durchschnittlicher Moabiter Qualität vergrößert wird, sondern dass es sich um höherwertigeren Wohnraum handelt, ohne dass er durch extreme Hochpreisigkeit einen Fremdkörper darstellt. Als Zielgruppe kommen Moabiter in Frage, die sich hinsichtlich ihrer Wohnung qualitativ verbessern wollen, ohne den Ortsteil wechseln zu müssen. Der latent vorhandenen Entmischungstendenz soll so entgegengewirkt werden." stellen die Verfasser des Bebauungplanvorentwurfs die Intention dar. "Mit einem zurückhaltendem Nutzungsmaß solle eine Wohnbebauung vorbereitet werden, die das vorhandene Wohnungsangebot nicht einfach nur vergrößert, sondern durch neue Qualitäten ergänzt.   Gleichzeitig sollen die Nutzungsmaße im Plangebiet jedoch nicht so stark begrenzt werden, dass sich Investoren gezwungen sähen, an dieser Stelle sehr hochpreisige Wohnungen zu realisieren." Die geringe Dichte soll durch die Festsetzung einer maximalen Traufhöhe von 15 m in Verbindung mit der Höchstzahl von vier Vollgeschossen entlang der Rathenower Straße und drei Vollgeschossen in den hinteren Grundstücksbereichen bei einer Mindestanzahl von zwei Vollgeschossen verwirklicht werden. Die Eingangsfläche zum Park  soll als private Grundstücksfläche mit öffentlichem Geh- und Radfahrrecht realisiert werden, Stellplätze, Garagen und "untergeordnete Nebenanlagen" werden für diese Fläche, die eine Breite von 38 Metern haben soll, ausgeschlossen.

Der Verkauf des Geländes wird durch den Liegenschaftsfonds Berlin GmbH Co. KG erfolgen, einem Unternehmen, das zu 100 % dem Land Berlin gehört. "Die Abrisskosten sollen durch die Verkaufserlöse mindestens ausgeglichen werden und dies bedeutet, dass auf dem Gelände ein entsprechend attraktives Baurecht geschaffen werden sollte", ist dem Bebauungsplanentwurf zu entnehmen. Und damit ist auch die Frage "Wieder Filetgrundstücke am Park?" faktisch beantwortet.

Damit stellen die Erläuterungen zum Bebauungsplanentwurf auch einen Beitrag zur Gentrifizierungsdebatte mit den tatsächlichen Handlungsansätzen von Bezirksamts- und Senatsmitgliedern dar. Noch im März 2011 hatte Hella Dunger-Löper, Staatssekretärin in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bei der Veranstaltung des August Bebel Instituts "Chance Genossenschaft? Gemein­schaftliches Wohneigentum ist eine Zukunftsaufgabe" eine Änderung der Vergabepolitik des Liegenschaftsfonds mit einer bevorzugten Berücksichtigung von Wohnungsbaugenossenschaften bei der Vergabe von landeseigenen Grundstücke angekündigt, und  der Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung Ephraim Gothe beim Pressetermin "In Mitte wird gebaut" im Juni 2011 einen anderen Umgang mit den Liegenschaften angemahnt, dadurch dass die Grundstücke nicht verkauft, sondern über Erbbaurecht vergeben werden sollten und damit wiederum langfristige und nachhaltige Einnahmen für Bezirk bzw. Land Berlin generiert werden. Dass den Worten auch Taten folgen, ist aber zumindest für mich aus den Entwurfspapieren dieses B-Plans  nicht zu erkennen.

Bebauungsplanverfahren Vorentwurf B-Plan II-91-1
Auslegungstelle: Bezirksamt Mitte von Berlin, Abt. Stadtentwicklung, Amt für Planen und Genehmigen, Fachbereich Stadtplanung, Müllerstr. 146, 13353 Berlin, Zimmer 168, Telefon 9018 - 45840.
Zeit: vom 11.07.2011 bis einschließlich 05.08.2011, während der Dienststunden Montag bis Mittwoch von 08.00 Uhr bis 15.00 Uhr, Donnerstag von 9.00 Uhr bis 18.00 Uhr und Freitag von 09.00 bis 14.00 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung.Unterlagen zum Downloads von der Bauleitplanungsseite des Bezirksamts Mitte:
Presseanzeige
Bebauungsplanentwurf II-91-1
Textliche Festsetzungen II-91-1
Erläuterungen II-91-1

Nachtrag 2012:
Möglicherweise ändert sich die Politik des Liegenschaftsfonds, wie Stadtentwicklungssenator Müller bei der Veranstaltung in der Urania wissen ließ.

Read more

"Mut und Widerstand" - Projektjahr zum 80. Todestag von Dietrich Bonhoeffer

Das vergangene Jahr 2024 wurde anlässlich des 100. Geburtstags von Selma Meerbaum-Eisinger mit vielen ganz unterschiedlichen Veranstaltungen zum Meerbaum-Jahr.  2025 schaut die evangelische Kirchengemeinde Tiergarten mit der Veranstaltungsreihe "Mut und Widerstand", was es heute heißen kann, gegenüber Rechtsextremismus und Antisemitismus Zivilcourage zu zeigen. Vorbild ist der Theologe Dietrich

By Susanne Torka