Ausstellung »80 Jahre Reichspogromnacht – Synagogen in Tiergarten«

Zum Gedenken an die Novemberpogrome vor 80 Jahren zeigt der Verein Gleis 69 noch bis Ende Oktober in der Vitrine auf dem Mathilde-Jacob-Platz vor dem Rathaus Tiergarten eine Ausstellung mit Fotos, Zeichnungen und Texten zur Erinnerung an die Gebäude, Rabbiner und die Gemeinden der vormals drei Synagogen in Moabit und Hansaviertel. Die drei Synagogen befanden sich in der Levetzowstraße, der Lessingstraße und in Siegmunds Hof. Mit dem Abriss der Synagoge Levetzowstraße 1955/1956 sind sie völlig aus dem Stadtbild des ehemaligen Bezirks Tiergarten verschwunden.
Synagoge Levetzowstraße, Liberale Gemeinde Levetzowstraße
Die 1914 eingeweihte Synagoge in der Levetzowstraße 7-8, zu der auch ein Wohnhaus und eine Schule gehörten, war mit Platz für 2120 Menschen eine der größten Berliner Synagogen. Sie war eine der wenigen Synagogen, die in der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 nicht abbrannte. Das Gebäude an sich blieb weitgehend unbeschädigt, die Inneneinrichtung wurde aber erheblich zerstört. Die Synagoge konnte aber weiter für Gottesdienste und die Gemeindearbeit genutzt werden. Ab Oktober 1941 bis Februar 1943 wurde das Gebäude mehrmals als Sammellager für Deportationen missbraucht. Bei den Luftangriffen der Alliierten 1945 auf Berlin wurde die Synagoge sowie die direkt angrenzende jüdische Religionsschule durch den Treffer einer Brandbombe, die den Dachstuhl getroffen hatte beschädigt, aber nicht zerstört. Bis 1955 blieben die Reste stehen dann wurden Synagoge und Religionsschule gesprengt. Die gewaltigen Säulen des Portals der Synagoge überstanden die Sprengung, wurden dann aber abgerissen. Seit 1960 erinnert eine Gedenktafel an die Synagoge, seit 1988 zusätzlich ein Mahnmal an das Sammellager und die Deportationen.
Synagoge Siegmunds Hof, Israelitische Synagogen-Gemeinde (Adass Jisroel)
1924 erwarb die Israelitische Synagogen-Gemeinde das Atelierhaus Siegmunds Hof 11 im Hansa-Viertel und richtete dort mehrere Schulen und eine Synagoge ein. In der Reichspogromnacht blieben die Synagogen und Schulen von Adass Jisroel unangetastet, verschiedene Lehrer und Rabbiner wurden dagegen ins KZ verschleppt. Im März 1939 musste die Gemeinde unter dem Zwang der Gestapo ihre Eigenständigkeit aufgeben und sich mit der liberalen, jüdischen Gemeinde zusammenschließen, die Schulen wurden geschlossen. Im November 1943 wurde das Gebäude Siegmunds Hof bei schweren Bombenangriffen zerstört.
Synagoge Lessingstraße, Synagogenverein Moabit und Hansabezirk
Der Gottesdienst des 1898 gegründete Synagogenvereins fand anfangs in den Räumen des Hauses Lessingstraße 19 statt. Dann ließ der Hausbesitzer auf dem Hof eine eigene kleine Synagoge mit Zugang von der Flensburger Straße errichten. Die vermutlich im Sommer 1910 eingeweihte Synagoge bot Plätze für ca. 250 Menschen. In der Reichspogromnacht 1938 wurde die Synagoge völlig zerstört und im Sommer 1939 abgerissen.
Mit ihren zahlreichen Bildern, Zeichnungen und den informierenden Texten zur Geschichte der Synagogen, Rabbiner und Gemeinden erinnert die sehenswerte Ausstellung in der Rathaus Vitrine eindrucksvoll an die Geschichte der drei früheren Gemeinden, der Rabbiner und Synagogen. Wer die Inhalte der Ausstellung in Ruhe nachlesen möchte, findet die umfangreichen Texte zur Ausstellung unter der Ausstellungsdokumentation von Gleis 69 e.V.