Auftaktveranstaltung Turmstraße

"Mladii" hat hier schon nach einem Bericht über die Auftaktveranstaltung "Aktives Stadtzentrum Turmstraße" am 5. November gefragt und bis jetzt ist leider noch niemand der Aufforderung von Jürgen Schwenzel gefolgt, als Kommentar aufzuschreiben, was für ihn/sie besonders wichtig oder interessant war.
Ein "Auftakt" mit Paukenschlag, im übertragenen Sinne, nicht laut, sondern hell, so ein ganz klitzekleines

"Festival of Lights" an der Thusneldaallee. Die Heilandskirche leuchtete weithin hell angestrahlt, die Fenster des Kirchen-Cafés rot, die Bäume grün ... und von 12 bis 18.30 Uhr betreuten Mitarbeiter der BSM einen Informationsstand auf dem Ökomarkt, der eine Stunde länger als sonst geöffnet hatte. Am Infostand und am Eingang zur Veranstaltung konnte man auf einer großen Tafel Punkte vergeben. "Wie gefällt Ihnen die Turmstraße, was halten Sie von den Bewohnern Moabits, wie finden Sie den Branchenmix, gibt es genug Parkplätze ... ?" Diese und andere Fragen sollten mit "gut - mittel - schlecht" beantwortet werden. Für weitere Wünsche und Ideen Einzelner standen Zettel, Stifte und eine große Wahlbox bereit. Viele beteiligten sich. Das Meinungsbild ergab eindeutige Tendenzen.
Kurz vor 19 Uhr strömen die Menschen herein. Schließlich ist die Kirche voll. Stühle und Bänke müssen noch herangeschafft werden. Ca. 250 Besucher. Die Moabiter hatten schon ungeduldig auf Informationen gewartet, nachdem die Presse im Juli berichtet hatte, dass 9 Millionen Euro Fördermittel für fünf Geschäftsstraßen, darunter auch Turm- und Müllerstraße, bereitgestellt werden. Seitdem gibt es eigentlich noch nichts Neues. Außer dass es jetzt wirklich losgeht. Die Verwaltung, Senat und Bezirk, mussten erst mal klären, wie die Rahmenbedingungen für dieses Förderprogramm "Aktive Stadtzentren" aussehen sollen und beinahe wären sie damit nicht rechtzeitig fertig geworden. Gerade mal einen Tag vor der Veranstaltung wurde die Entscheidung getroffen.
Auf dem Podium saßen Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe, Frau Matthes von der Senatsverwaltung für

Stadtentwicklung, Norbert Illiges (BSM) und Regina Roß (BBE). Es moderierte Susanne Jahn vom Planungsbüro Jahn, Mack und Partner (das für den Bezirk die Müllerstraße bearbeitet). Während der Stadtrat die Partizipation (Beteiligung) von Gewerbetreibenden, Vermietern und Anwohnern ankündigt, erklärt Frau Matthes wie wichtig das nachgewiesene Engagement privater Akteure für die Entscheidung gewesen war. Die Investitionen, die zu einem Drittel aus Bundesmitteln und zu zwei Drittel aus Landesmitteln stammen, sollen private Investitionen anregen.
Norbert Illiges (BSM) stellt das im Frühjahr erarbeitete Konzept vor, mit dem der Bezirk die Gelder gewonnen hat. Wie schon im Juli auf MoabitOnline berichtet, wird vorgeschlagen, den Kleinen Tiergarten umzugestalten, einen Stadtplatz am U-Bahn-Eingang anzulegen, kombinierte Bus- und Radspuren für die Turmstraße, einen Marktplatz auf der Thusneldaallee und auch vor der Arminiusmarkthalle, die mit dem zukünftigen neuen Eigentümer zur Markthalle der Kulturen werden könnte, Platz für Außengastronomie. Im Kleinen Tiergarten östlich der Stromstraße möchte er Seniorensportanlagen anbieten. Außerdem soll an einigen Stellen der Gehweg an der Turmstraße verbreitert werden. Doch sind dies Vorschläge. Jetzt gilt es mit allen Beteiligten die Maßnahmen zu diskutieren und konkret auszuarbeiten. Es gibt mittlerweile eine genau festgelegte Gebietsgrenze. Frau Roß wird das Geschäftsstraßenmanagement betreiben und kündigt verschiedene Workshops für unterschiedliche Gruppen, wie Gewerbetreibende, freie Berufe, Kunst- und Kulturschaffende oder Gesundheitsberufe an. Der erste soll bereits am 19. November passenderweise um 19.11 Uhr stattfinden und sich mit dem äußeren Erscheinungsbild der Turmstraße beschäftigen. Einen Ort für die Veranstaltung konnte sie noch nicht bekannt geben.

Aus der Diskussion der Teilnehmer gebe ich hier einige Beiträge wieder, diese Auswahl kann nicht vollständig sein:
Franz Jörg Beyer vom Berliner Fahrgastverband IGEB e.V. bringt die Verlängerung der Straßenbahn bis zum Mierendorffplatz ins Gespräch, denn wenn die Straßenbahn nur mit einer Wendeschleife bis zum Hauptbahnhof gebaut wird, wie bis jetzt geplant, werden sich die Touristenströme nach Osten orientieren.
Genauere Zahlen über die Verkehrsmengen in der Turmstraße und in Alt-Moabit fordert Reinhard Nake (Anwohner) ein. Er begrüßt die Reduzierung auf eine Spur für Autos und Anlage eines Bus- und Radstreifens, weil damit Verkehre auf diese Verkehrsmittel verlagert werden und nicht Autos in andere Straßen.
Rudolf Blais, Anwohner und Aktiver der Lokalen Agenda 21, erinnert an Beratungen des Energietischs in den Jahren 1998/99, bei denen schon Verbesserungen der Verkehrssituation erarbeitet worden waren. Damals war ein Fahrradparkhaus am U-Bahnhof vorgeschlagen worden.
Der Augenoptiker Wolfgang Golücke stellt sich als wohl ältester Gewerbetreibender der Turmstraße vor. Er begrüßt die Schließung der Thusneldaallee für den Autoverkehr, weil damit der zerrissene Kleine Tiergarten wieder zusammenwächst. An dieser Stelle wünscht er sich einen Pavillon für kleinere Musikveranstaltungen und verspricht diesen, wenn er gebaut würde, dreimal im Jahr für Jazzkonzerte zu mieten. Wer ihn dabei unterstützen möchte, kann sich im Optikgeschäft in der Turmstraße 80 melden.
Pfarrer Michael Rannenberg erinnert sich, dass bereits vor 20 Jahren die gleichen Fragen wie heute behandelt wurden. Schon damals waren tolle Konzepte ausgearbeitet worden, Straßenbahn und mehr Platz für Fußgänger, ein Aufenthaltsbereich mit Brunnen vor der Kirche. Leider wurde nichts davon verwirklicht. Stattdessen ärgert er sich seit langem über das nicht mehr funktionierende Toilettenhaus, das schon längst hätte abgerissen werden können. Er wünscht sich ein lebendiges Zentrum zwischen Kirche, Rathaus und Markthalle.
Jürgen Diedrich, Anwohner, beklagt die Konzentration von Bäckereien, Apotheken, Handyläden auf der Turmstraße. Er wünscht sich ein Café unter den Zierkirschen vor dem Rathaus und in den verkehrsberuhigten Nebenstraßen die Erneuerung von Pflanzen in den Beeten. Außerdem regt er an, mehr Fahrradständer aufzustellen.
Abdallah Hajjir, Mediator und Imam vom Haus der Weisheit, fragt, ob für Moabit nicht eine öffentlich sichtbare Moschee ein Gewinn wäre. Der Kiez braucht Orte für Familienerholung, Begegnungsstätten für Senioren aus verschiedenen Kulturen. Jugendliche brauchen mehr sinnvolle Beschäftigung. Außerdem fragt er nach dem Baubeginn auf dem Paech-Brot- und dem Schultheiß-Areal. Für letzteres wünscht sich ein anderer Anwohner kein Einkaufszentrum, sondern Studentenwohnen wegen der Nähe zur Technischen Universität.
Wolfgang Lehmann wünscht sich Hinweisschilder für die Markthalle, sie sollte ins touristische Leitsystem aufgenommen werden.
Die Marktfrau vom Gärtnerinnenhof, die seit 10 Jahren Ökogemüse vor der Kirche verkauft, wünscht sich mehr Bänke und kleine Spielgelegenheiten, um das Einkaufen und den Aufenthalt auf dem Marktplatz auch für Eltern kleiner Kinder angenehmer zu gestalten.
Mustafa Fahin (Anwohner) fordert dringend auf, die alten Pläne aus den Schubladen zu holen, damit sie endlich verwirklicht werden.
Ertugrul Tolan möchte mit der Wirtschaftsförderung des Bezirks Mitte als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.
Zum Schluss der Veranstaltung kommt Regina Roß noch auf die Tafeln zurück, auf denen die Besucher der Veranstaltung und des Infostandes ihre Urteile über die Turmstraße dokumentiert haben. Sie stellt fest, dass sowohl die Öffnungszeiten, als auch das Angebot an Parkplätzen überwiegend positiv bewertet wurden. Die Redebeiträge der Veranstaltung zeigen, dass ein ökologischer Umgang mit der Verkehrssituation von den Anwesenden begrüßt wird und dass es notwendig ist, die Straßenbahn in die Überlegungen mit einzubeziehen. Kleinere Vorschläge könnten schnell umgesetzt werden, dazu gehört der Abriss des Toilettenhauses und bessere Beleuchtung. Ein regelmäßiger Newsletter wird angekündigt. Ebenso soll möglichst bald im Internet berichtet werden. Baustadtrat Gothe kündigt eine jährliche öffentliche Versammlung an.
Nachtrag vom 5.12.2008: Die BSM hat eine zunächst provisorische Website zum Projekt eingerichtet, die im Laufe der Zeit noch ausgebaut werden soll. Zunächst sind dort die Informationstafeln zur Veranstaltung und das Kurzkonzept als PDFs zum Download bereitgestellt, hier die Links:
Entwicklungskonzept
Ausstellungstafeln:
Tafel 1: Förderprogramm Aktive Stadtzentren
Tafel 2: Stärken und Schwächen der Turmstraße
Tafel 3: Leitbild für die Turmstraße
Tafel 4: Geplante Maßnahmen (1)
Tafel 5: Geplante Maßnahmen (2)
Tafel 6: Zeitplan / Beteiligung
Ansprechpartner:
Bezirksamt Mitte von Berlin, Mandy Adam, Iranische Str. 3, 13347 Berlin, Fax 2009-88-45727, mandy.adam@ba-mitte.verwalt-berlin.de
BSM, Michael Altenberend, Katharinenstr. 19-20, 10711 Berlin, 896 003-352, michael.altenberend@bsm-berlin.de
BBE, Regina Roß, Am Weidendamm 1 a, 10117 Berlin, 590 099-635, ross@bbe-retail-experts.de
Die Fotos von der Veranstaltung hat Jürgen Schwenzel aufgenommen.
Nachtrag vom 10.12.08: Wer sich ein Bild machen möchte von Menschen, die sich einbringen, kann einige in der LiesSte Nr. 9, Dezember 08 finden.