100 Jahre Novemberrevolution – Moabit erinnert sich!

Mit einer interessanten Kundgebung unter einem schön gestalteten großen Transparent wurde in Moabit an den 100. Jahrestag der Novemberrevolution erinnert.

An der Turmstraße Ecke Thusnelda-Allee kamen am 8. November für zwei Stunden 50 bis 60 Zuhörer*innen zusammen, darunter einige Arbeiter der Turbinenfabrik Moabit (heute Siemens, früher AEG), erkennbar an ihren roten Warnwesten „Metaller*innen bei Siemens - Wir kämpfen wie die Bären“. Gut 40 Belegschaftsangehörige hatten zudem das Kundgebungs-Transparent mit Spenden finanziert. Die Belegschaft der Turbinenfabrik sowie der benachbarten Loewe- und DWM-Rüstungsfabriken spielten am 9. November 1918 eine zentrale Rolle bei der Auslösung des Generalstreiks und der Gewinnung der Soldaten in den Moabiter Kasernen für den Aufstand gegen Weltkrieg, Kaiser und Kapital.

Die Kundgebung war in den letzten Wochen von einem überparteilichen Bündnis verschiedener Organisationen und Einzelpersonen vorbereitet worden. Eine Reihe kürzerer Redebeiträge, Gedichte, Buchauszüge und Live-Songs der Liedermachers „Karl Nümmes“ beleuchteten die verschiedenen Seiten der Novemberrevolution: Sofortiges Ende des barbarischen Weltkriegs, Beseitigung von Monarchie und Militärdiktatur, Durchsetzung demokratischer und sozialer Rechte wie Frauenwahlrecht, Betriebsräte-Recht, 8-Stunden-Tag und anderes mehr. Die proletarische Novemberrevolution 1918 vervollständigte damit im Grunde erst die „halbe“ bürgerliche Revolution von 1848.

Das weitergehende Ziel der aufständischen Arbeiter- und Soldaten, eine sozialistische RäteRepublik, wurde durch die gewaltsame Niederschlagung der Novemberrevolution ab Januar 1919 verhindert: an die 2000 Ermordete allein in Berlin, Tausende im ganzen Reich, Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg waren nur die Bekanntesten unter ihnen. (siehe u.a. die detaillierte Beschreibung des Historikers Sebastian Haffner, „Die verratene Revolution“, Erstausgabe 1969, seither verschiedene Neuauflagen). Damit konnten Krupp, Thyssen und die ganzen großkapitalistischen Kreise und Militaristen doch noch ihre Macht erhalten und an der „Revanche“ ihrer Niederlage im I. Weltkrieg durch Vorbereitung des II. Weltkriegs arbeiten - einschließlich der millionenfachen Ermordung der jüdischen Bevölkerung Europas. Die historische Leistung der Novemberrevolution und ihre Visionen bleiben trotzdem unvergänglich.

Man sollte in Zukunft in Moabit, einem ihrer Zentren, jährlich daran erinnern. Dies umso mehr, als die zunehmende Rechtsentwicklung von Bundesregierung, AfD & Co demokratische Errungenschaften und Ansprüche der Novemberrevolution offen in Frage stellen (Stichwort neue Polizeigesetze). Sich gegen diese Rechtsentwicklung auf breitester Basis zusammenzuschließen war eine der Lehren für heute, die die Kundgebung zog. Bestimmt finden sich Künstler, die für Moabit ein würdiges Denkmal zur Novemberrevolution gestalten könnten – dem historisch bahnbrechenden Ereignis angemessen wäre das allemal!

Text und Fotos: Gernot Wolfer

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